Großer Wurf

Bresgotts Choral.Gut

Nachhaltig sind sie, keine Frage: 80 Minuten passen auf eine herkömmliche Audio-CD, und beide Silberscheiben ihrer neusten Produktion haben die Musici des Athesinus Consorts Berlin mit ihrem nimmermüden Leiter Klaus-Martin Bresgott quasi bis auf die letzten Sekunden befüllt: 79:35 Minuten klingt der erste und sogar 79:53 Minuten der zweite Silberling. Fehlt nur noch ein Hidden Track, wie ihn einst 1969 die Beatles auf Abbey Road setzten („Her Majesty is a pretty nice girl but she doesn‘t have a lot to say …“). Vielleicht werde ich auch ihn noch finden, aber Spaß beiseite: Dieser 159:28-Minuten-Wurf ist ein großer. Befüllt ist die Doppel-CD-Schatzkiste, womit man mit Muße, Lust (und großzügigen Sponsoren) hundert weitere CDs befüllen könnte: mit schönen Kirchenliedern aus einem halben Jahrtausend Musikgeschichte – von den Anfangsjahren der Reformation bis zu ganz frischen Neuvertonungen. Das Doppelpack „Choral.Gut“ ist ein profilierter Beitrag zum Festjahr „500 Jahre evangelischer Choral“, denn 1524 entstanden die ersten evangelischen Gesangbücher (vergleiche zz 2/2024). Bereits seit Beginn des Jahres, an jedem ersten Dienstag im Monat, sendet Deutschlandfunk Kultur jeweils eine knappe Stunde, in der Klaus-Martin Bresgott und das Athesinus Consort in die Wunderwelt des Chorals einführen.

Wo nun anfangen, wo aufhören? Zum Beispiel mit „Gelobt sei Gott im höchsten Thron“: Die erste Strophe erklingt im Satz von Melchior Vulpius von 1609, so, wie er im Evangelischen Gesangbuch steht (EG 104); dann bei den Folgestrophen ein fröhliches Wechselspiel zwischen jeweils zwei Frauen- und zwei Männerstimmen, bis dann – ziemlich genau auf der Hälfte der Strecke – das Saxophon hinzutritt (von keinem Geringeren als Uwe Steinmetz gespielt). Natürlich bekommt auch das Sax noch seine Solostrophe, bis sich am Ende alle vereinen. Da bleibt wirklich nur noch ein dreifaches Halleluja! Oder Bonhoeffers berühmtes „Von guten Mächten“: Bresgott und die Seinen brechen eine Lanze für die ehrwürdige Melodie von Otto Abel (EG 65), und zwar in Form eines überaus kunstvollen Satzes vom Komponisten Frank Schwemmer (* 1961) – das ist herausragend; ebenso, wenn auch naturgemäß ganz anders, herausragend ist „Da berühren sich Himmel und Erde“: Sakropop at its best inklusive Keychange um Minute 1:40.

Neben vielen Chorälen und neuen geistlichen Liedern sind auch Eichendorffs Morgengebet im Klanggewand Felix Mendelssohns und einige Kontrafakturen vertreten, zum Beispiel eine Umdichtung des Praetorius-Klassikers „Es ist ein Ros’ entsprungen“ und … Schade, mein Zeilenraum ist hier zuende, aber die Choral.Gut-CDs haben fast 160 Minuten und klingen lange nach. Nutzen Sie die Chance!

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