Lobpreismusik – neudeutsch auch Praise-and-Worship-Music (P&W) – polarisiert. Viele Menschen in Kirche, Theologie und Kirchenmusik halten diese popmusikalische Erscheinung aus unterschiedlichen Gründen für nicht oder nur eingeschränkt tragbar. Andere sehen darin den zeitgemäßen musikalischen Ausdruck christlicher Religiosität. Doch ob nun Kritiker oder Befürworter: Praise-and-Worship-Music ist relevant und deshalb ein Gegenstand, der von Seiten wissenschaftlicher Theologie reflektiert werden will.
Andreas Scheuermann hat sich dieser Aufgabe im Rahmen einer praktisch-theologischen Dissertation gestellt und wurde damit in Greifswald promoviert. Darin geht es ihm vor allem darum, die Relevanz dieser Musik für den Gottesdienst herauszuarbeiten. Aufbau und Vorgehen sind dabei nachvollziehbar. Zunächst ordnet er P&W in begrifflicher, historischer und phänomenologischer Hinsicht ein, um eine eigene Definition zu formulieren. Vereinfacht zusammengefasst ist es für ihn jene christliche Popmusik, die, aus evangelikalen Bewegungen stammend, inhaltlich mit evangelikaler Theologie, musikstilistisch primär mit Mainstream-Pop und spiritualitätsbezogen mit charismatischer Spiritualität verbunden ist. Gerade dieses Eingangskapitel ermöglicht der Leserschaft eine gute Einführung in die Thematik.
Es wird deutlich, dass hier jemand schreibt, der theologisch und musikalisch mit der Materie vertraut ist. Für diejenigen, die ganz allgemein Interesse für moderne christliche Musik zeigen, ist allein schon die Einordnung im Gegenüber zu anderen modernen christlichen Musikerscheinungen lesenswert. Überhaupt ist das gesamte Buch, obwohl es sich um eine Forschungsarbeit handelt, verständlich und für nahezu alle Interessierten empfehlenswert, wenn es bisweilen auch redundant ist. Gerade Experten auf dem Gebiet sollten es lesen.
Doch wie will man Praise-and-Worship-Music nun untersuchen und bewerten? Dazu bedarf es zunächst einer Methodik. Scheuermann wählt dazu die Methodik der kritischen Liturgiewissenschaft, die er in dieser Druckfassung nur skizziert und zur Vertiefung einen extern abrufbaren Link angibt. Sodann braucht man Kriterien, an denen man diese Musik misst. Diese gewinnt er durch die Untersuchung des Gottesdienstes allgemein und der gottesdienstlichen Musik in biblischer, dogmatischer und empirischer Hinsicht. Als Quelle, die exemplarisch für Praise-and-Worship-Music steht, dient ihm das heutzutage bedeutendste deutschsprachige Liederbuch in der zum Forschungszeitpunkt aktuellen Fassung: Feiert Jesus! Liederbuch 5.
Dieses Kapitel ist – vor allem hinsichtlich der dogmatischen beziehungsweise gottesdiensttheologischen Dimension – für den weiteren Verlauf bedeutsam. Der Kern von Scheuermanns normativer Gottesdiensttheologie lautet: „Gottesdienst [strebt] zur Doxologie hin. Denn auf die sich in der gott-menschlichen Begegnung und Beziehung offenbarende Größe und Güte Gottes kann der Menschen in letzter Konsequenz nur mit Lobpreis antworten.“
Durch die verwendeten Begrifflichkeiten ist hier bereits vor der eigentlichen Durchführung zu erahnen, dass Scheuermann die gottesdienstliche Verwendung positiv bewerten wird. Und so geschieht es dann auch bei der Anwendung. Mithilfe verschiedener Primär- und Sekundärkriterien macht er zwar auch auf problematische Seiten des gottesdienstlichen Gebrauchs von Praise-and-Worship-Music aufmerksam, in der Summe ist seine Bewertung aber positiv.
Abschließend ist ihm wichtig herauszustellen, dass im Gottesdienst nicht nur modern-popmusikalische, sondern auch traditionell-klassische Musikstile einen Platz haben. Dieses irenische Ende macht zugleich unmissverständlich deutlich, dass P&W einen gleichrangigen Platz in der Gottesdienstlandschaft haben sollte. Auch wenn man Scheuermanns Untersuchung insgesamt nicht in allem kritiklos teilen muss, ist vieles gelungen und gerade diese Schlussperspektive zu unterstützen.
Gregor Bloch
Gregor Bloch ist Pfarrer und theologischer Mitarbeiter des Evangelischen Bundes Westfalen und Lippe. Er wohnt in Detmold.