Eine Nilfahrt erzählt uns sehr viel über uns selbst und unseren Glauben. Wir lernen in den Tempeln am Rande: Eine Religion kann untergehen, auch wenn sie Jahrtausende alt ist. Auch der Sonnenkult des Pharaos Echnaton (also vom hässlichen Mann der schönen Nofretete) verging, obwohl er damals ein so moderner Monotheismus war. Warum? Weil Priester und Volk sich verweigerten, was eine schöne Mahnung an die Volkskirchen von heute ist.
Aber, nein, liebe Leserin, lieber Leser, Sie ahnen es, darum geht es hier nicht, sondern, klar: um Durchfall. Denn wer eine Nilfahrt macht, lernt sich selbst und seine Mitreisenden erneut in existenzieller Weise kennen, zurückgeworfen nämlich auf die kindliche Unsicherheit, wann man muss. Konfrontiert mit dem Menschlich-allzu-Menschlichen. Kein schönes Thema. Aber muss ja.
Dies also als leidgeprüfter Leserservice: Eine Typhus-Impfung als Sicherheitsmaßnahme für eine solche Fahrt ist keine gute Idee, da kann man nämlich schon vor der Reise anhaltend einschlägige Erfahrungen machen. Auf dem Dampfer war rund die Hälfte der Passagiere von dem verdärmlichen Ungemach betroffen – und so waren dort erwachsene Menschen zu erleben, die darüber fast so ausführlich detailreich redeten wie Kinder (Motto: „Pippi-Kacka, hihihi!“).
Was das mit Glauben zu tun hat? Nun, bei diesem Problem rettet uns kein „höh’res Wesen“, kein Glaube an sich selbst und kein Gebet, sondern nur Wasser aus gekauften Flaschen, der Verzicht auf Ungekochtes, Ungebackenes, Ungeschältes – und die Pillen, die es an der Schiffsrezeption zu kaufen gibt. Übrigens haben die armen Kinder am Nil dieses Problem offensichtlich nicht, auch wenn sie täglich im Strom schwimmen, ja sein Wasser trinken. Und ob sie gläubig sind oder nicht, scheint, das nebenher, auch keine Rolle zu spielen.
Philipp Gessler
Philipp Gessler ist Redakteur der "zeitzeichen". Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Ökumene.