Zweifelsohne wird in diesem Hörbuch-Porträt der Kulturwissenschaftlerin Jutta Person dem Esel gründlich nachgegangen, von den Ohren bis zu den Hufen, den echten und erdichteten Eigenschaften, seiner Bedeutung vom Lastenträger bis zum geschundenen Arbeitstier, dem potenten Sexsymbol bis zum dumpfen Verweigerer. So vielseitig und ambivalent ist seine Rolle, dass er seit Jahrtausenden eine stets neue besetzt.
Im goldenen Esel des Apuleius, einem der ältesten Schelmenromane der antiken Literatur, geht es um Verwandlung und Liebe, wie auch später in William Shakespeares Sommernachtstraum.
In Grimms Märchen Tischlein deck dich, Esel streck dich und Knüppel aus dem Sack wird der Esel zum gutmütigen Bricklebrit, der mit Gold zum Glück verhilft, während Friedrich Nietzsche ihn in Also sprach Zarathustra als stromlinienförmigen Mitläufer verewigt, der zu allem Ja sagt.
Bei den Bremer Stadtmusikanten ist er nicht stur, sondern mutig und empfiehlt den Aufbruch: „Etwas Besseres als den Tod finden wir allemal.“
Die Weihnachtsgeschichte wäre undenkbar ohne den Esel, da trägt er die Heilige Familie, heute oft nur noch Touristen. Er zieht Eselskarren und ist duldsam, die nutzfreie Liebe ist eine späte, endlich darf er sich bei uns auf Eselsfarmen ausruhen und einfach Esel sein.
Doch den Hörerinnen und Hörern wird nicht nur der Esel in der Literatur und Philosophie vorgestellt, auch dessen Evolution, seine Rolle in den Kulturen aller Kontinente. Der Schauspieler Frank Arnold liest das Porträt aller Grauen mit warmer Stimme und scheut sich nicht, deren Iaaah bisweilen herzhaft ertönen zu lassen.
Angelika Hornig
Angelika Hornig ist Journalistin und beschäftigt sich vor allem mit kulturellen Themen. Sie lebt und arbeitet in Minden.