Kaffee gegen die KI

Punktum
Foto: Rolf Zöllner

Neulich präsentierte der Fast-Teenager in meinem Hause mir stolz den Englisch-Aufsatz für die Schule. Eine Helden­geschichte war gefordert worden. Ich las eine mittelspannende Geschichte mit  vielen „Herr der Ringe“-Elementen und fand das ok. Gleichzeitig wunderte  ich mich aber doch über den plötzlichen Zuwachs an Vokabular und grammatikalischem Wissen, der sich in dem Text zeigte. Trotz Handschrift kam mir ein Verdacht: „ChatGPT?“, fragte ich über die Brille hinweg? Das Kind grinste nur. Wie ich mit dieser pädagogischen Heraus­forderung umging, soll hier kein Thema sein, wahrscheinlich etwas zu halbherzig. Denn ich weiß ja, dass das eh ein Kampf gegen Windmühlenriesen ist. Die ersten Unis verzichten bereits auf die schriftlichen Arbeiten am Ende des  Semesters, weil keiner mehr weiß, wieviel KI in den Texten steckt. Die Zeit für Hausaufgaben in der Schule ist wahrscheinlich auch bald vorbei.

Von all dem ließ ich mich aber doch ver­leiten, mir von der KI Inspirationen zu einer „Glosse für eine hochgebildete protestantische Leserschaft“ zu holen. Ich erspare Ihnen das Ergebnis, das aus einem sehr langweiligen Gesülze über zu laut gesungenes und die Nachbarn störendes Gotteslob bestand. Auf meinen ersten Einwand, dass dies keine Glosse sei, entschuldigte sich die KI und bot mir den nahezu gleichen Text nochmal an. Und auch mein Hinweis, dass das alles noch immer nicht lustig sei, zeigte kaum Wirkung.

Ich finde das beruhigend. Denn natürlich ist mir klar, dass über kurz oder lang nicht nur die Wetterberichte von der KI geschrieben werden. Aber es gibt Hoffnung: „Wir befinden uns im Jahre 2035 n. Chr. Alle Medien sind von der KI besetzt … Alle Medien? Nein! Eine kleine von unbeugsamen Protestant*innen gepflegte Glosse hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.“ Der Zaubertrank kommt aus der Kaffeemaschine, das Wildschwein aus der Kantine. Und die Legionen aus dem Cyberspace ver­zweifeln. Was würde meine Tochter dazu sagen? „Träum weiter, Boomer!“ Aber sie hat auch nie Asterix gelesen … 

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Stephan Kosch

Stephan Kosch ist Redakteur der "zeitzeichen" und beobachtet intensiv alle Themen des nachhaltigen Wirtschaftens. Zudem ist er zuständig für den Online-Auftritt und die Social-Media-Angebote von "zeitzeichen". 


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