Mutige Entscheidung

Ökumenischer Predigtpreis für Luisa Neubauer

„Luisa Neubauer erhält den Ökumenischen Predigtpreis für ihr Lebenswerk.“ Diese Nachricht ließ aufhorchen. Ja, vor knapp zwei Jahren hatte eine Predigt der 27-jährigen Umweltaktivistin im  Berliner Dom für Aufregung gesorgt. Einmal durch das Dass einer Predigt mit Neubauer überhaupt und dann durch zwei Sätze daraus, die schon vor zwei Jahren eine breitere Öffentlichkeit erreichten: „Gott wird uns nicht retten. Das müssen wir selbst tun.“ Was!? Dafür gibt’s einen Predigtpreis? Und dann gar für das Lebenswerk? Für die  Nachrichtenagentur IDEA war der Fall klar: „Die Vergabe an Luisa Neubauer ist ein Missgriff und ein peinlicher Schrei nach öffentlicher Aufmerksamkeit.“

Ein Urteil, das man nicht teilen muss, besonders wenn man der Preisverleihung am 16. Oktober in der Bonner Schlosskirche beigewohnt hat. In seiner Laudatio erklärte dort Eberhard Hauschildt, Professor für Praktische Theologie und Vorsitzender der Jury des Predigt­preises, den Hintergrund der Gedanken einer Auszeichnung des Lebenswerkes. Hier gehe es der Jury um „Personen, deren öffentliches Tun einen Beitrag zu der Art von Kultur im breiten Sinne leistet, die auch das Umfeld von Predigt darstellt“. Und dies passe gut auf Luisa Neubauers Wirken als Aktivistin von Fridays for Future. Ihr Wirken und auch ihre Predigt im Berliner Dom verkörperten den Grundsatz vom Handeln, „als ginge es um alles“.

Hier entdeckte Hauschildt eine prophetische Dimension. Zudem dürfe man ja bei dem inkriminierten Satz von Gott, der uns angeblich nicht helfen könne, nicht stehen bleiben, denn Neubauer sage in ihrer Predigt danach ja dies: „Wir werden uns retten, weil wir nicht den Glauben verlieren.“ Hauschildts kunstvolle Laudatio macht deutlich, dass die Entscheidung sehr durchdacht war. Man muss sie natürlich nicht teilen, aber sie hat sicher weniger mit einem „Schrei nach öffentlicher Aufmerksamkeit“ zu tun als vielmehr mit einem wachen Sensorium der Jury für die Zeichen unserer Zeit. Gut gemacht! Eine mutige Entscheidung!

Lediglich die Kategorie „Lebenswerk“ sollten die Verantwortlichen des Preises, der seit neustem nicht mehr vom Verlag für die Deutsche Wirtschaft, sondern von den theologischen Institutionen der Universität Bonn verliehen wird, vor dem Hintergrund der Neubauer- Auszeichnung überdenken. Denn für eine 27-Jährige ist so etwas schon sehr ungewöhnlich, wie die Geehrte selbst in ihrer Dankesrede anmerkte. Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte man neben dem Preis für die beste Predigt, den in diesem Jahr Nathalie Schuler erhielt, eine Person, die altkatholische Theologie studiert hat, und dem Preis für das Lebenswerk künftig einen zusätzlichen dritten Preis einführen, nämlich den für den/die bedeutendste/n „Predigt-Influencer/in des Jahres“. Am „Wording“ des dritten Preisnamens kann ja noch gefeilt werden … 

 

Die prämierten Predigten, die Laudationes und die Danksagungen der Preisträgerinnen können Sie hier nachlesen: www.predigtpreis.de.

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