Ohne Bekenntnis geht es nicht

Warum die EKD keine Kirche sein kann
Foto: privat
Eine EKD, die keine Bekenntnisgrundlage hat, ist ökumenisch nicht gesprächsfähig.

Seit 1945 gibt es Bemühungen, die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) nicht nur als Bund oder Gemeinschaft von lutherischen, reformierten und unierten Kirchen anzusehen, sondern als einheitliche evangelische Kirche. Die dahin gehenden Forderungen werden immer wieder von den unierten Landeskirchen erhoben. Dieser Meinung schließen sich die reformierten Kirchen an. Für beide nehmen die überlieferten reformatorischen Bekenntnisschriften keinen wesentlichen Rang ein. Sie sind überzeugt, dass die Bekenntnisschriften nur Geltung beanspruchen können, insofern (quatenus) sie mit der Heiligen Schrift übereinstimmen. In den lutherischen Kirchen gelten die Bekenntnisschriften aber, weil (quia) sie mit der Heiligen Schrift übereinstimmen. Vor allem ist das Augsburger Bekenntnis von 1530 verbindlich.

Der immer wieder vorgebrachte Einwand, dass durch den Kirchenkampf in der Zeit des Nationalsozialismus die reformatorischen Kirchen zusammengeführt worden seien und die 1934 verfasste Barmer Theologische Erklärung als Bekenntnisgrundlage einer einheitlichen evangelischen Kirche genüge, ist falsch. Sie stellt zwar ein gemeinsames Bekenntnis zu den Irrlehren der damaligen Zeit dar, aber zu wesentlichen Glaubensaussagen (Dreieinigkeit, Sakramente, Letzte Dinge und anderem) sagt sie nichts aus. Auch die Leuenberger Konkordie von 1973 will wohl Grundlage einer Kirchengemeinschaft der ihr zustimmenden Kirchen sein, ist aber auch auf Widerspruch gestoßen. Beide Erklärungen sind zwar wichtige theologische Dokumente ihrer Zeit, aber sie stellen keine tragfähige Bekenntnisgrundlage für ein Kirche-Sein der EKD dar. Sie verweisen vielmehr ausdrücklich auf die überlieferten Bekenntnisschriften und sind selbst keine.

Grundlage nicht gegeben

Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) hat immer wieder erklärt, dass sie Kirche im Vollsinn des Wortes sei, weil sie eine einheitliche Bekenntnisgrundlage hat. Sie denke nicht daran, sich in eine uneinheitlich lehrende und bekennende Evangelische Kirche in Deutschland aufzulösen. Vor allem die Tatsache, dass die unierten und reformierten Landeskirchen nicht bereit sind, das Augsburger Bekenntnis von 1530 als Lehrgrundlage der EKD zu akzeptieren, erweist, dass eben eine tragfähige theologische Grundlage für eine einheitliche Evangelische Kirche in Deutschland nicht gegeben ist. Ihre Ablehnung des Augsburger Bekenntnisses als Lehrgrundlage zeigt, dass die Lehrunterschiede für sie so gravierend sind, dass wohl ein Bund evangelischer Kirchen möglich ist, aber nicht mehr. Gerade auch die harten Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre, die zwar in mancher Hinsicht quer durch die bekenntnisbestimmten evangelischen Kirchen in Deutschland gehen, unterstreichen die Bedeutsamkeit der Lehrunterschiede.

Es ist nicht zielführend, immer neu Kommissionen zu bilden, die die Voraussetzungen für eine einheitliche evangelische Kirche in Deutschland herbeiführen oder feststellen sollen. Die Übereinstimmung in der Wahrheit der wesentlichen Lehrfragen ist erforderlich. Diese Übereinstimmung in der rechten Lehre des Evangeliums und in der rechten Verwaltung der Sakramente ist, gemäß Artikel VII des Augsburger Bekenntnisses, dann aber auch ausreichend zur wahren Einheit der Kirche.

Lehrunterschiede bagatellisiert

Es ist für uns, das lutherische Einigungswerk, nicht zu akzeptieren, dass, wie es die Kundgebung "Theologische Position der VELKD zur Weiterentwicklung des Verbindungsmodells" in These 1 aussagt, "die gestaltete Vielfalt des Protestantismus (ist) eine evangeliumsgemäße Ausgestaltung der Kirche Jesu Christi auf Erden" ist, denn damit würden die Lehrunterschiede bagatellisiert. Dagegen unterstreichen wir, dass die Leuenberger Konkordie "nicht in den Status eines neuen (Unions-)Bekenntnisses erhoben werden" soll (These 2). Da sich für uns die Wahrheitsfrage der Bekenntnisschriften stellt, weisen wir den Satz zurück: "Die EKD sollte keines der reformatorischen Bekenntnisse privilegieren und in ihre Grundordnung aufnehmen". Jedenfalls ist ohne eine einheitliche Bekenntnisgrundlage die EKD keine Kirche. Sie kann darum nicht (so These 4) "als communio ihrer Gliedkirchen selbst Kirche" sein, denn das entspräche einem rein quantitativen, einem soziologisch-ökonomischen und keinem qualitativen, theologischen Kirchenbegriff. Sie kann also nicht als Kirche theologische Aufgaben übernehmen. Ihre Grundordnung kann darum nicht in dem Sinne erweitert werden, dass sie ihr Kirchesein explizit formuliert.

Eine EKD, die keine Bekenntnisgrundlage hat, ist ökumenisch nicht gesprächsfähig. Sie kann kein Partner im globalen ökumenischen Dialog sein. Sie kann ohne Bekenntnisgrundlage nicht verbindlich sprechen, weil letztlich in ihr jeder glauben kann, was er will.

Karl-Hermann Kandler ist Theologe in Freiberg in Sachsen und stellvertretender Vorsitzender des Lutherischen Einigungswerkes.

Karl-Hermann Kandler

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