Rein gar nichts

Kompakt: "Unter dem Milchwald"
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Wir kauen die Wörter, schmecken, schlucken sie und werden so mächtig satt, dass darauf was Gebranntes muss.

Llareggub hielten wir stets nur für einen jener unaussprechlichen Ortsnamen aus Wales, bis uns jemand darauf stieß, dass Dylan Thomas, dessen Geburt sich in diesem Jahr rund jährt (1914-1953), obwohl Waliser, in Englisch dachte und dichtete. Und da heißt "Llareggub" rückwärts gesprochen "bugger all"?- "rein gar nichts". Aber es stimmt trotzdem: Llareggub ist ein kleines, fiktives Städtchen an der Küste in Wales, direkt "Unter dem Milchwald" gelegen, was Dylan Thomas berühmtem "Play for voices" auch den Namen gab. Es zeigt einen Tag im Leben der Leute dort oder bringt vielmehr ihre 24 Stunden zum Klingen.

Wir kauen die Wörter, schmecken, schlucken sie und werden so mächtig satt, dass darauf was Gebranntes muss. Wir sehen in Träume, Großzügiges- und Nickligkeiten, in reine Herzen, Bosheiten und Sehnsüchte. Vor allem sehen wir Alltag, "Comédie" und "Condition humaine" im Anwendungsfall, dargereicht in einer versöhnlichen Gestalt, die das "Rein gar nichts" als alles offenbart, was wir haben.

Eine CD-Box versammelt nun drei Inszenierungen des großartigen Stücks. Sie enthält die berühmte BBC-Fassung von 1963 mit Thomas' Freund Richard Burton in jener Rolle, die der sich selber zugedacht hatte. Die erste deutsche Inszenierung, 1954 gleich nach Erscheinen im NWDR realisiert, wirkt etwas angestaubt. Bemerkenswert ist aber, dass man für dieses pralle, sensitive Stück damals in Deutschland so weit offen war. Die knackige MDR-Version von 2003 mit Harry Rowohlt als erster Stimme ist insofern die derzeit gültige. Und weil von "Under Milk Wood" nie genug zu bekommen ist, sei auch die 1988 in Wales realisierte Fassung erwähnt, die nun wieder erhältlich ist.

Dylan Thomas: Unter dem Milchwald/Under Milk Wood. Hörverlag 2014, 6 CDs mit Beiheft.

Udo Feist

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