Kein Artikel über Barack Obama ohne den Hinweis, dass der schließlich ein Schwarzer sei. Der Spiegel meinte letzthin (32/11), Obamas Erfolg gründe darin, dass er "als Schwarzer" zurückhaltend war, dass er wusste, wie man mit den Weißen umgehen musste. Grüßt da Onkel Toms Hütte? Nein, Obama ist überraschenderweise bei seiner weißen(!) Mutter und seiner weißen(!) Großmutter aufgewachsen und erzogen worden "wie ein Weißer, er war eigentlich ein Weißer mit schwarzer Hautfarbe, der sich erst beibringen musste, wie man als Schwarzer spricht ..."
So, so, wie man als Schwarzer spricht. Wie spricht man denn so als Schwarzer? Natürlich wollen wir uns nicht mit Unterscheidungen zwischen schwarzen Professoren und schwarzen Gettobewohnern aufhalten. Wir fragen: Wir spricht der Schwarze an sich?
Einstmals empörten wir uns im Westen über die Apartheidpolitik in Südafrika, wo man festlegte, mit welchem Anteil "Schwarzenblut" man als "Neger" zu gelten habe. Wir empörten uns zu Recht. Die Zuweisung zu einer "Rasse" in diskriminierender Absicht ist Rassismus.
Diskriminierung heißt ursprünglich "absondern, unterscheiden". Dies tun, mit umgekehrten Vorzeichen, auch Obamas Verehrer: Er ist (war?) der große Hoffnungsträger, weil er als Schwarzer gilt. Das sahen die Schwarzen, die ihn wählten, genauso. Und auch die Reaktionäre Amerikas, die ihn deswegen hassen.
Nun sei es einmal gesagt: Obama ist biologisch ebenso sehr Weißer wie Schwarzer. Da hilft auch nicht, auf den Symbolgehalt von Obamas Hautfarbe hinzuweisen, die dank eines kenianischen Vaters dunkler gefärbt ist als die eines Standardweißen, wenn man es toll findet, dass ein Schwarzer, sei's auch nur ein Quasi-Schwarzer, Präsident der Vereinigten Staaten ist ... "Eigentlich ein Weißer mit schwarzer Hautfarbe"? Man stelle sich vor, Obama würde unter den Schwarzen Amerikas so sehr an Ansehen verlieren, dass die ihn partout auf die Seite der Weißen schieben wollten. Schwachsinn? Gewiss. Wie jeder Versuch, Obama eine Identität aufdrängen zu wollen. Der Terminus "Mischling" ist gottseidank obsolet, und das "Halbblut" gibt es nur noch bei Joanne K. Rowling. Nein, wir brauchen keinen neuen Begriff. Es geht auch ohne, wenn wir angesichts der Unvollkommenheit der Welt über die gesellschaftlichen Implikationen einer Herkunft wie die des Barack Obama nachdenken wollen. P.S.: Vielleicht kann ja auch ein Weißer mit weißer Hautfarbe lernen, wie ein Schwarzer zu sprechen, so ein echter, eben wie der Schwarze an sich.
Helmut Kremers
Helmut Kremers
war bis 2014 Chefredakteur der "Zeitzeichen". Er lebt in Düsseldorf. Weitere Informationen unter www.helmut-kremers.de .