Update für das Priestertum aller Gläubigen
Die Corona-Krise hat in der evangelischen Kirche einen deutlichen Digitalisierungsschub ausgelöst Dadurch wurde die Rolle der Ehrenamtlichen in der Gemeinde gestärkt, heißt es in einer Ad-Hoc-Studie der Evangelischen Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung. Das dürfte nicht ohne Folgen für die Zukunft bleiben.
Nein, der traditionelle Gottesdienst steht für Heinrich Bedford-Strohm nicht infrage. Den macht er nicht abhängig von Besuchszahlen. Allein das ein Segen gesprochen und gemeinsam gebetet wird, ist für den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland von zentraler Bedeutung. Und trotzdem muss sich der bayerische Landesbischof angesichts der Ergebnisse einer neuen Studie zu digitalen Verkündigungsformaten der Corona-Krise die Frage stellen, wie der traditionelle Gottesdienst in Zukunft weiter entwickelt werden kann. Denn: Die Ad-Hoc-Studie, die die Evangelische Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung (midi) im Auftrag des EKD-Kirchenamtes durchgeführt hat, brachte einen Nachfrageboom nach digitalen Verkündigungsformaten während der Krise zutage.
Sie verzeichnet ein Plus von 287 Prozent im Vergleich eines durchschnittlichen Gottesdienstbesuches vor der Pandemie zu dem während der Corona-Krise, wie Daniel Hörsch, Sozialwissenschaftlicher Referent bei midi, bei der Online-Vorstellung der Studie berichtet. Und: Fast achtzig Prozent aller teilnehmenden Gemeinden gaben an, dass sie vor der Krise keine digitalen Verkündigungsformate angeboten hatten. Mehr als Zweidrittel wollen der Studie zufolge diese digitalen Formate fortführen.
Die Evangelische Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung (midi) hat für die Studie als repräsentative Stichprobe 897 Kirchengemeinden in vier evangelische Landeskirchen ausgewählt: die Nordkirche, die Kirche in Mitteldeutschland, die von Kurhessen-Waldeck und die evangelische Landeskirche in Württemberg.
Bemerkenswert bei den Ergebnissen der Studie ist, dass die Digitalität das Priestertum aller Gläubigen fördert. „64,9% der Teilnehmenden gaben an, dass sie die Formate im Team produziert haben“, sagt Daniel Hörsch. Bis zu drei Ehrenamtliche oder Engagierte aus der Gemeinde waren bei mehr als der Hälfte beteiligt.
Was heißt das für den sonntäglichen Gottesdienst? Bedford-Strohm gibt sich optimistisch: Er will prüfen, wie sich in Zukunft digitale Formate und der Präsenzgottesdienst miteinander verbinden lassen. So stellt er die Entwicklung sogenannter Hybridgottesdienste in Aussicht, also Formate, die analog und digital gefeiert werden können. Und er will Gottesdienste durch digitale Beteiligungsmöglichkeiten ergänzen, wie zum Beispiel über elektronische Medien Gebetsbitten live einblenden.
Sein Fazit: „Wir haben über die digitalen Kanäle viele Menschen erreicht, die wir vorher nicht erreichen konnten.“ Nun müsse die Vielfalt der Formate weiterentwickelt werden. Das alles war nur möglich, weil Ehrenamtliche und Pfarrer sich in der Krise schnell und beherzt engagiert haben.
Kathrin Jütte
Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.