Nicht nur für das Klima in Lima

Warum die geplante Kürzung der Entwicklungshilfe falsch ist
Foto: Rolf Zöllner

Da waren sie wieder, die Radwege in Lima, finanziert aus deutschen Steuer­geldern. Ein schon fast zum Topos gewordenes Projekt, das immer wieder herhalten muss für die angebliche Geldverschwendung in der Entwicklungszusammenarbeit. Auch Christian Lindner (FDP), Bundesfinanzminister und Porsche-Fan, verwies vor einigen Wochen in einem Interview auf die Fahrradwege in Peru, die der frühere CSU-Entwicklungshilfeminister Müller auf den Weg gebracht habe und „die wir bis heute finanzieren“. Die Entwicklungszusammenarbeit müsse „in einen Zusammenhang mit unserem deutschen Staatsinteresse gestellt werden“. Außerdem brauche die Bundeswehr nun mehr Geld, deshalb wird bei der Entwicklungs­zusammenarbeit gespart. Eine knappe Milliarde Euro weniger für 2025, so hat es das Bundeskabinett im Juli beschlossen.

Ein falsches Signal zur falschen Zeit, das bei den nun anstehenden Verhandlungen im Bundestag keinen Bestand haben sollte. Es stimmt ja, dass die Bundeswehr seit vielen Jahren schlecht finanziert war und es naiv wäre, angesichts der aggressiven Politik Russlands nicht in eine bessere Verteidigung zu investieren. Aber Sicherheit und Entwicklungszusammenarbeit lassen sich nicht gegeneinander ausspielen, sie ergänzen sich. Die Bekämpfung von Armut und Hunger weltweit ist ja nicht nur ein Gebot christlicher Ethik. Sie kann Konflikten vorbeugen und rechnet sich langfristig. Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt, verwies jüngst darauf, dass jeder Euro, der in strukturbildende Entwicklung investiert wird, vier Euro an humanitärer Hilfe spart.

Doch globale Zusammenarbeit scheint derzeit keine Konjunktur zu haben. Pruin sprach von einer politischen Tendenz, die „zurück ins Schneckenhaus“ weise. Auch Marlehn Thieme, Präsi­dentin der Welthunger­hilfe, warnte zurecht davor, dass die Idee des „Deutschland First“ um sich greife. Wenn sich dieser Trend festigt, wäre das ein fataler Rückschlag für die Aufgaben, denen die internationale Gemeinschaft nur gemeinsam begegnen kann – etwa der Klimawandel. Er ist neben bewaffneten Kriegen die Haupt­ursache für wachsenden Hunger und Armut in der Welt. Und jeder Euro, den die Industrieländer, den Verpflichtungen aus internationalen Klimaabkommen folgend, in Entwicklungsländern in Klimaschutz investieren, ist gut angelegtes Geld.

Womit wir wieder bei den Radwegen in Peru sind. Sie sind Teil eines großen Mobilitätskonzeptes für die Hauptstadt Lima, einem Ballungsraum mit elf Millionen Menschen, in dem bislang nur eine U-Bahn und eine Schnellbus­linie fahren. Etwa 200 Millionen Euro, zum größten Teil als Kredit, fließen aus Deutschland in den gesamten Aufbau eines neuen klimaschonenden Verkehrsnetzes. Das kostet insgesamt mehrere Milliarden Euro und bietet viele Chancen auch für deutsche Unternehmen. Neue U-Bahn-Linien, ein besseres Bussystem und als Zubringer zu diesen sind mehrere Fahrradschnellstrecken geplant. Vielleicht ist das nicht so attraktiv für Porsche-Fahrer. Aber auch die können ja noch umsteigen. 

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Foto: Rolf Zöllner

Stephan Kosch

Stephan Kosch ist Redakteur der "zeitzeichen" und beobachtet intensiv alle Themen des nachhaltigen Wirtschaftens. Zudem ist er zuständig für den Online-Auftritt und die Social-Media-Angebote von "zeitzeichen". 


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