Cidre aus Brest

Der Weg zum guten Tropfen kann sehr weit sein
Foto: Rolf Zöllner

Cidre ist ein göttliches Getränk. Das meint auch Danielle, die etwas ältere, geistreiche und witzige Landlady unserer wunderbaren Bed-and-Breakfast-Unterkunft in der Bretagne direkt am Meer. Allerdings findet sie den eigentlich hervorragenden Cidre aus ihrem Dorf zu bitter, weshalb sie uns als geschätzte Gäste bittet, eine Ausflugstour mit unserem Auto doch mal zu „Metro“ in Brest zu fahren. Dort gebe es den besten Cidre, in großen Mengen und billig.

Sie schickt uns die „Metro“-Adresse aufs Handy, wir tippen sie in das Navi, los geht‘s! Nach einer Dreiviertelstunde Fahrt in Richtung Osten fragt meine Liebste: „Liegt Brest nicht im Westen?“ „Aber sie hat uns die Adresse doch extra gesimst!“ „Ich rufe sie an!“ Danielles Reaktion, zu hören am Handy: „Merde!“ Falsche Adresse, also die gleiche Strecke wieder zurück, nun anderthalb Stunden in Richtung Brest an der Westküste Frankreichs.

Im dortigen Industriegebiet ist der „Metro“-Riesensupermarkt nur schwer zu finden. Aber endlich klappt es. Wir schieben einen Mega-Einkaufswagen an einem Tresen vorbei zu einer etwa hüft­hohen Schranke. Sie bleibt zu. Meine Liebste nimmt die „Metro“-Karte, hält sie an den Scanner am Tresen: keine Reaktion. Danielle hatte uns eingebläut, nicht zu viel zu sprechen, da wir so leicht als Deutsche zu identifizieren seien (und eigentlich ja nur sie als Gastronomin dort einkaufsberechtigt sei).

Es folgt eine heftige Diskussion mit dem Mann am Tresen. Meine Liebste ruft schließlich Danielle an, sie solle mit dem Zerberus reden – sie glaubt aber zunächst, meine Frau sei noch dran und schimpft über ihn … Kurz gesagt: Die Sache scheitert. „Metro“ Brest bleibt für uns verschlossen. Unverrichteter Dinge fahren wir ab. Wir haben an diesem Tag dann doch noch einen schönen Ort an der dortigen Küste besichtigt. Und nach etwas Grummeln viel gelacht. Danielle hat sich am Abend tausendmal bei uns entschuldigt. Als wir am nächsten Tag in einem Restaurant nahe unserer Unterkunft die Rechnung zahlen wollte, sagte die Patronin: „Danielle hat schon gezahlt.“

Online Abonnement

Sie erhalten Zugang zur gesamten Website und zur kompletten Monatsausgabe als Web-App.

64,80 €

jährlich

Monatlich kündbar.

Einzelartikel

Sie erhalten Lesezugriff für diesen Artikel.

2,00 €

einmalig

Kein Abo.

Haben Sie bereits ein Online- oder Print-Abo?
* Ihre Kundennummer finden Sie auf Ihrer Rechnung. Ein einmaliges Freischalten reicht aus; Sie erhalten damit zukünftig automatisch Zugang zu allen Artikeln.

Ihre Meinung


Weitere Beiträge zu "Kultur"