Ich sehe was, was …

Surrealismus und Magie. Verzauberte Moderne im Museum Barberini Potsdam
Dorothea Tanning: Das magische Blumenspiel, 1941.
Foto: Museum Barberini
Dorothea Tanning: Das magische Blumenspiel, 1941.

Regelmäßig macht das Museum Barberini in Potsdam schöne Schlagzeilen. Regelmäßig hat man vor Ort ein gutes Händchen und ein sicheres Gespür für besondere, den Nerv der Zeit treffende Themen. Regelmäßig ist es schließlich auch einfach das Museum selbst, das für sich wirbt in seiner Überschaubarkeit – groß genug für jedwedes Thema und dabei mit seiner Raumfülle und -größe doch so intim, dass man nicht erschlagen werden kann von quantitativer Bilderfülle, um am Ende übersättigt und kilometermüde davonzuziehen.

Noch bis zum 29. Januar lädt das Museum Barberini derzeit zu „Surrealismus und Magie. Verzauberte Moderne“. Es ist eine erste umfassende Werkschau, die das Interesse surrealistischer Malerinnen und Maler an Mystik und Magie, an Übersinnlichkeit und universeller Anbindung in den Blick nimmt und in Kooperation mit der Peggy Guggenheim Collection, Venedig, entstanden ist.

Mit rund neunzig Werken spannt die Ausstellung einen mäandrierenden Bogen von der symbolistisch-metaphysischen Malerei des eindringlich-rätselhaften Giorgio de Chirico (1888 – 1978) über Max Ernsts (1891 – 1976) fotografisch-ikonische Malerei bis zu den mystisch-bizarren Bildwelten im Spätwerk der britisch-mexikanischen Malerin Leonora Carrington (1917 – 2011) und der spanisch-mexikanischen Surrealistin Remedios Varo (1908 – 1963).

Bedeutende Arbeiten berühmter Surrealisten wie Giorgio de Chirico (Der beängstigende Vormittag, 1912), Salvador Dalí (Geburt der flüssigen Begierden, 1931/32), Max Ernst (Einkleidung der Braut, 1940) und René Magritte (Schwarze Magie, 1945) sind neben Schlüsselwerken weniger im Schlaglicht stehender Malerinnen und Maler ausgestellt – darunter der kraftvoll-spielerische rumänisch-französische Dadaist Victor Brauner (Der Surrealist, 1947) und der schweizerische Maler und Schriftsteller Kurt Seligmann, dessen plastisch schwebende Malerei ikonografisch vielfältig auf Figuren der Magie zurückgreift und sich in mittelalterlicher Szenerie als Vorbote des Comic zeigt (Das Genie der Überzeugung, 1943/Isis, 1944).

In verschiedenen Kapiteln, zum Beispiel „Unsichtbare Kräfte. Die Magie des Surrealen“ oder „Göttinnen und Hexen. Magische Frauenbilder“ , führt die Ausstellung mit Arbeiten aus den Jahren 1914 bis 1987 in die feinnervig-angespannte und farbintensive Gedanken- und Bildwelt des Surrealismus ein und offenbart diesen Stil als eine globale, transnationale Bewegung, deren Wirkkraft weit über das Frankreich der 1920er- und 1930er-Jahre hinausstrahlte.

Besonders beeindrucken neben den Werken Kurt Seligmanns sowohl die beziehungsreichen an Hieronymus Bosch angelehnten Arbeiten Leonora Carringtons (Der Stuhl, 1955/Großmutter Moorheads aromatische Küche, 1975), ihr feinziseliertes Spiel mit Schwarz und Weiß vor gelbgetränktem Rot, als auch Dorothea Tannings feinstoffliche Arbeiten (Spannung 1936/Das magische Blumenspiel, 1941), die mit renaissancehaft analytischer Genauigkeit der Wirklichkeit mit drittem Auge begegnet.

Eine Offenbarung ist schließlich auch Remedios Varo – eine der berühmtesten Malerinnen Mexikos –, die gleichwohl mit den Stilmitteln der alten Meister und deren feiner Pinselführung tief in das Unterbewusstsein hinabsteigt und Traumsequenzen mit präzis dargestelltem, technischem Gerät verbindet – so, wie ihr Uhrmacher (Der Uhrmacher, 1955) Techniker, Wissenschaftler und Zauberer zugleich ist.

Wie ein Auftauchen ist – wenn die Lust noch nicht gestillt ist – schließlich wieder und wieder die Dauerausstellung „Impressionismus – die Sammlung Hasso Plattner“. Sie zu durchwandern, ist ein Sich-gesund-Sehen an einer Ode an die Schönheit der Welt. 

www.museum-barberini.de

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