Europa erben und leben

Ausflug in das Kulturerbejahr 2018
Foto: pixelio/Dietmar Meinert
Warum braucht es ein europäisches Kulturerbejahr? Die Gründe liegen gerade in diesen Zeiten auf der Hand...

Die kostbaren Marmorsäulen stammen aus der venezianischen Renaissance, die Auferstehungsgruppe schuf der niederländische Bildhauer Adriaen de Vries (1556-1626) in Prag, der sächsische Hofarchitekt Giovanni Maria Nosseni half beim Entwurf. Das Fürstenmausoleum an der St-Martini-Kirche in Stadthagen, erbaut ab 1629, ist ein beeindruckendes Kunstwerk aus Architektur, Malerei und Skulptur. Hier, in meiner schaumburg-lippischen Heimat, finden sich auf Schritt und Tritt die kulturellen Reichtümer Europas.

Sie zu entdecken oder wieder zu entdecken, das will das Europäische Kulturerbejahr 2018 unter dem Motto „Sharing Heritage“. Angestoßen vom Europäischen Parlament, unterstützt von den Mitgliedsstaaten und dem Rat der EU, wird es in Deutschland vom Deutschen Nationalkommitee für Denkmalschutz organisiert, mit dem Schwerpunkt auf Architektur und Archäologie.

Warum braucht es ein europäisches Kulturerbejahr? Die Gründe liegen gerade in diesen Zeiten, in der der Zusammenhalt Europas massiv gefährdet ist, auf der Hand: Es gilt, die gemeinsamen kulturellen Wurzeln zu betonen und zu zeigen, wie verschmolzen die Länder des europäischen Kontinents mit ihrer Geschichte und Kultur seit jeher sind. Durch Naturlandschaften, archäologische Stätten und kirchliche und weltliche Baudenkmäler, in Literatur, Kunst und Musik, aber auch im Handwerk und im Essen, in Filmen und in Geschichten, die wir unseren Kindern erzählen. Doch ist Europas Geschichte auch von regionalen Konflikten, geistigen Auseinandersetzungen und weltanschaulichen Kriegen geprägt. 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges soll das gemeinsame Kulturerbe stärker ins Bewusstsein der Europäer geholt werden.

Auf der Internetplattform www.sharingheritage.de finden sich mehr als 260 Projekte bundesweit, die die gemeinsame bewegte Geschichte sichtbar machen. Initiativen, Bauvereine, Förderkreise, Museen und Bibliotheken sind aufgerufen, ihr Projekt auf dieser Seite registrieren zu lassen. So soll im Laufe des Jahres eine Sammlung mit Datenbank entstehen, die die Vielfalt und den Reichtum europäischer Geschichte aufzeigt. Und die dazu dienen kann, dass die Menschen ihr Kulturerbe stärker wertschätzen.

Mit dem „Europäischen Kulturerbejahr 2018“ geht die EU einen wichtigen Schritt. Sie rückt die Geschichte von Europas Kultur in den Mittelpunkt und zeigt erneut, dass Europa mehr ist als nur eine geografische Einheit, mehr als eine Wirtschaftspartnerschaft oder ein Militärbündnis. Eine hoffnungsvolle Vision ist es, dass aus dem historischen Kulturerbe lebendige Kulturerben heranwachsen. So teilen zum Beispiel Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ihr persönliches „immaterielles Kulturerbe“ mit. Wie in der Berliner St. Matthäus-Kirche. Sibylle Lewitscharoff (20. Mai) oder Paul Ingendaay (6. Mai) stimmen mit ihren Kanzelreden „In Worten Zuhause“ auf das große Kulturerben-Thema ein.

Oder das EKD-Projekt „Bei Deinem Namen genannt: Maria und Nikolaus.“ Die Ausstellung des EKD-Kulturbüros, die in je einer Marien- und einer Nikolauskirche in allen 16 Bundesländern zu sehen ist, fragt nach der Identität der beiden und erzählt Geschichten zu ihnen.

Und nicht zu vergessen: In Europa gab die Glocke über tausend Jahre lang den Rhythmus vor, zur Arbeit, zur Muße und zum Gebet. Die Initiatoren von „Sharing Heritage“ laden alle Glockenbesitzer europaweit dazu ein, am 21. September, dem Internationalen Friedenstag, von 18 bis 18.15 Uhr ihre Glocken zu läuten. Dann werde ich in Berlin die nahen Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Glocken hören und hoffen, dass sie auch im Schaumburger Land läuten.

Weitere Informationen unter:

www.sharingheritage.eu, www.dnk.de,

www.gebetslaeuten.de, www.kulturkirchen.org

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Kathrin Jütte

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Kathrin Jütte

Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.


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