Auf der Spur

Eine beherzte Gottessuche
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Härles Buch ist so etwas wie ein populärwissenschaftlicher Streifzug durch die Systematik und greift alle relevanten Themen auf.

Der Glaube ist nicht jedermanns Ding“, so steht es schon im biblischen Thessalonicherbrief. Was den christlichen Glauben angeht, so trifft das heute in Deutschland auf einen großen Teil der Bevölkerung zu. Die einen sind nie damit in Berührung gekommen, anderen sagen christliche Glaubensinhalte nichts mehr. Während die einen nichts vermissen, wenn sie nicht glauben, gibt es immer wieder auch Menschen, die von sich sagen: Ich würde ja gerne glauben, aber ich kann es nicht. Ihnen möchte Wilfried Härle helfen, „Gott auf der Spur“ zu bleiben, wie es im Untertitel seines Buches heißt, beziehungsweise Gott auf die Spur zu kommen.

Der emeritierte Professor für Systematische Theologie will „die Einwände und Vorbehalte gegen den Glauben an Gott, die sich gewissermaßen von selbst melden, sich aber nicht von selbst beantworten“, ernstnehmen, und er will sie nach Möglichkeit überwinden helfen. Anders als etwa Hans Küng fragt Härle nicht „Existiert Gott?“, sondern „Wie kann ich Gott finden?“. Er will nicht voraussetzungslos nach Gott, nach dem Glauben fragen, sondern erklärtermaßen als überzeugter Christ anderen den Zugang zum Glauben erleichtern, indem er christliche Glaubensinhalte darstellt, sich mit den Fragen und Einwänden dazu auseinandersetzt und seine persönliche Antwort zu geben versucht. Sein Buch ist so etwas wie ein populärwissenschaftlicher Streifzug durch die Systematik und greift alle relevanten Themen auf. Das Verhältnis von Schöpfungsglauben und Naturwissenschaft, die Theodizeefrage und die Auseinandersetzung mit der Opfertheologie oder die Bedeutung der Trinität kommen ebenso zur Sprache wie die hochaktuellen Themen Religion und Gewalt, Glaube und Politik und die Frage, ob es denn derselbe Gott sei, an den die drei monotheistischen Religionen glauben.

Die verschiedenen Positionen und Gegenpositionen werden klar und verständlich dargestellt, freilich nicht immer so schlicht wie in einem Text zur Trinität, entstanden im Rahmen eines theologischen Seminars, wo es heißt: „Da hatten sie Gott zweifach. Und um sie unterscheiden zu können, nannten sie Jesus den Sohn und Gott den Vater. Denn häufig gleichen die Söhne ja ihren Vätern.“ Im Kapitel über „Gott und die Welt“ fallen hingegen schwierige Begriffe wie Theismus, Deismus, Pantheismus und Panentheismus, wobei Härle selbst letzteren schon in der Überschrift als die „Angemessenste Verhältnisbestimmung“ bezeichnet und damit seine Position verdeutlicht, wie er überhaupt immer mit seiner Meinung klar erkennbar bleibt. Das ist eine Stärke seines Buches. Seine Schwäche ist eine gewisse Uneinheitlichkeit in Niveau und Stil. Neben manchen pathetischen Passagen („im Licht seiner heiligen Liebe…“) finden sich auch sympathisch offene Worte über eigene Grenzen, aber dort ist auch die Dankbarkeit, selbst glauben zu können.

Zu viele Hervorhebungen machen das Lesen bisweilen anstrengend, sie wirken penetrant pädagogisch und oft eher beliebig als einleuchtend. Und der Schluss mit Pablo J. Luis Molineros Gleichnis „Gibt es ein Leben nach der Geburt?“ bleibt eindeutig unter dem Gesamtniveau des Buches, auch wenn Härle im ausführlichen Anmerkungsteil immerhin selbst schreibt, dass „dieses Gleichnis nicht in jeder Hinsicht stimmig ist“. Auch an anderer Stelle wird manches recht verkürzt dargestellt. So lässt sich ja die Paradieserzählung durchaus auch als eine Geschichte des Mündigwerdens lesen. In Gemeinden kann das Buch zum Beispiel in Glaubens-und Konfirmationskursen sicherlich seinen Einsatz finden und zu weiterführenden Diskussionen anregen.

Jutta Schreur

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