Fünfundzwanzig CDs mit je einem Interview von etwa vierzig Minuten Länge: Dieses Hörbuch entlarvt zunächst ein paar Denkschablonen, um dann mit ihnen aufzuräumen. Eine Frau, die das 20. Jahrhundert repräsentiert, muss sich nicht einer Oppositionsbewegung zurechnen, um den Verführungen wechselnder Ideologien widerstanden zu haben. Sie muss auch nicht ihr gesamtes Leben in Deutschland oder Österreich verbracht haben, um eines dieser Herkunftsländer ihre Heimat zu nennen. Schließlich muss sie sich keineswegs als „Feministin“ ausweisen, um ihre Frauenrolle selbstbestimmt zu gestalten. Mut, Selbstbewusstsein und Eigensinn schwingen in den Stimmen aller hier versammelten, 25 Frauen mit. Die ältesten erlebten noch den Untergang der Monarchie, die jüngsten positionieren sich angesichts eines wiedervereinten Deutschlands.
Die Fragen der Kulturjournalistin Lerke von Saalfeld sind treffsicher. Im Kopf der Hörer setzt sich ein vielschichtiges Panorama zusammen, fernab des üblichen Eurozentrismus, und ohne jeglichen, voyeuristischen Einblick in persönliche Intimitäten. An Stellen, die immer wieder mal einen apokalyptischen Funken in die Gegenwart der Hörerinnen wehen, mag die nüchterne Tonart der Interviewten unterkühlt wirken. Aber weder den Befragten, noch der Fragenden kommt es auf die Emotionen an, die von Verfolgung, Lagerhaft, Flucht, Emigration und Krieg ausgelöst wurden. Sie waren schmerzhaft, wie jeder Hörer sich ausmalen kann, aber sie gehören nicht zur Zeitzeugenschaft. In diesen Gesprächen geht es um aufgezwungene oder freiwillige Weichenstellungen, deren Wirkungen bis in die Gegenwart reichen.
Susanne Krahe