Luthers Laute

Musik aus der Reformationszeit
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Franz Vitzthum moduliert einfühlsam, mit glockig-reiner Stimme. Ein Genuss.

Mit „Luthers Laute“ legen der Countertenor Franz Vitzthum und der Lautenist Julian Behr gewissermaßen einen roten Teppich aus zum Reformationsjubiläum 2017 hin. Berührend, fast intim begegnen wir dem Reformator.

Martin Luther hat von Kindheit an eine enge Beziehung zur Musik gehabt: in Chören gesungen, das Lautenspiel erlernt und selbst Lieder komponiert. Moritz Kelber, Autor des überaus lesenswerten CD-Booklets, geht sogar so weit, die Musik „seine (erste) große Liebe“ zu nennen. Nicht zuletzt beherrschte Luther die Kunst des so genannten „Intavolierens“ – des Bearbeitens von mehrstimmigen Motetten für die Laute, die eine Solostimme begleitet.

Diesem Ansatz folgen Vitzthum und Behr. Beginnend mit Luthers 1538 komponierter Ode an den Gesang der Nachtigall als vollendetem Schöpferlob, entfaltet sich ein prachtvoller Fächer, der von dem 1440 geborenen Josquin des Préz bis zu Raitis Grigalis reicht. Grigalis? Richtig gehört: Der lettische Komponist, Jahrgang 1975, hat Motetten-Texte aufgegriffen und neu vertont – eine faszinierende Ergänzung zu den Stücken, die sonst durchweg aus der Zeit der Reformation stammen. Julian Behr ist ein famoser Begleiter und Solist, immer mit gutem Gespür für das rechte Maß zwischen Zurückhaltung und spielerischer Finesse. Franz Vitzthum moduliert dazu einfühlsam, mit glockig-reiner Stimme. Ein Genuss.

Wunderschön interpretiert und wiederum von Luther selbst komponiert ist das Marienlied „Sie ist mir lieb, die werte Magd“. Zwar lehnte Luther die Überhöhung der Gottesmutter ab, zugleich aber verehrte er die „Himmelskönigin“. Passagenweise klingt der Text beinahe wie eine sehr weltliche Liebeserklärung. Weniger zart besaitet kommt ein anti-katholisches Lied daher, das ein anonymer Komponist im Bürgerkrieg nach Luthers Tod geschrieben hat: „Der römisch Götz ist außgethan, den rechten Babst wir nehmen an. Das ist Gottes Sohn, der Fels und Christ, auff den sei Kirch erpawet ist.“ Wie schön, dass die Musiker nicht aus vermeintlicher Political Correctness heraus auf diesen Beitrag verzichtet haben.

Denn der Schwerpunkt liegt ja ganz klar auf den versöhnlichen Tönen, auf der Kraft der Musik als Vermittlerin. So schätzte Luther überaus Ludwig Senfl, den Hofkomponisten der katholischen Wittelsbacher. Seine neun Minuten lange Motette „Ecce quam bonum“, ein Höhepunkt der CD, beginnt mit der eindringlichen Mahnung: „Seht doch, wie gut und schön es ist es, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen.“ Das gilt damals wie heute: Nicht das Trennende suchen – miteinander wohnen!

Ralf Neite

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