Weiterentwicklung des Einzelnen

Die Beurteilung der Leistung dient den Pfarrern, den Gemeinden und den Landeskirchen
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In nahezu allen verantwortungsvollen Berufen können individuelle Leistungen messbar gemacht werden.
Foto: epd/Stephan Wallocha
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pro und contra: Pfarrer nach Leistung bezahlen? Dies würde dem einzelnen Geistlichen wie der Kirche als Ganzes dienen, meint Peter Barrenstein, Vorsitzender des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer und Mitglied der EKD-Synode. Etwas anders sieht es Andreas Kahnt, Vorsitzender des Verbandes evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland. Er verweist auf die unterschiedlichen Aufgaben, die Geistliche auf dem Land und in einer Großstadt erfüllen müssen.

Natürlich gibt es ganz viele leistungsfähige und leistungsbereite Pfarrerinnen und Pfarrer. Mit hoher Motivation und mit von ihren Gemeinden hochgeschätzten Beiträgen in allen Aufgabenbereichen. Und natürlich gibt es mittlerweile viele Kirchenälteste und Dekane, die sich mit ihren Pfarrerinnen und Pfarrern auf konkrete jährliche Zielsetzungen verständigen und deren Erreichung diskutieren. Auf der anderen Seite aber wehren sich nicht wenige Pfarrerinnen und Pfarrer vehement gegen eine systematische und möglicherweise sogar vergleichende Leistungsmessung und -beurteilung. Der Vorsitzende des Verbandes evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland schreibt dazu: "'Leistung' im Sinne objektiver und kategorisierbarer Kriterien ist dem Pfarrerdienst wesensfremd." Entsprechend lehnt er eine systematisierte Leistungsdefinition und -messung kategorisch ab. Das ist erstaunlich. Denn in nahezu allen verantwortungsvollen Berufen gibt es mittlerweile erprobte Vorgehensweisen, um individuelle Leistungen und Angebote vergleichbar und auch messbar zu machen. War dies im Bereich der Wirtschaft schon von jeher selbstverständlich, so gibt es mittlerweile detaillierte Übersichten über die Leistungserbringung nahezu aller Berufsgruppen, von Ärzten und Psychologen über Künstler, Rechtsanwälte, Wissenschaftler bis zu Sozialarbeitern oder Berufspolitikern.

Im Ergebnis werden die Vertreter dieser Berufsgruppen damit nicht nur aus Sicht der Leistungsnachfrager vergleichbarer, sondern sie erhalten wertvolle Hinweise auf eigene Stärken und mögliche Defizite. Das ist eine ganz wesentliche Grundlage für die weitere eigene Entwicklung.

Warum aber wehren sich dann noch immer so viele Pfarrerinnen und Pfarrer gegen eine auch für ihre eigene Arbeit erfolgende Leistungserfassung und -beurteilung?

Kriterien in Fülle

An der Identifikation und Nutzung möglicher Leistungskriterien kann es nicht liegen, gibt es sie doch in Fülle. Entwicklung der Zahlen von Teilnehmern an Gottesdiensten oder anderen Veranstaltungen, deren Befragung, Beobachtungen von Kollegen und Kirchenältesten oder auch nur tatsächlicher zeitlicher Einsatz in bestimmten Einzelbereichen beschreiben mögliche Ansatzpunkte. Und dies gilt selbst für den Bereich der Seelsorge. Was aber sind dann die Barrieren für eine entsprechende Diskussion möglicher Arbeitsziele und - vorausgehend - eine Festlegung grundlegender Qualitätsmaßstäbe? Zum einen ist es sicherlich die Angst davor, das eigene Tun oder Unterlassen überhaupt beurteilen zu lassen. Es lebt sich vermeintlich einfacher, wenn die Beurteilungskriterien vage bleiben, die Beurteiler weniger nachfragen oder gar fordern und die Definition der eigenen Leistungsbereitschaft und -fähigkeit der eigenen Vorstellung entspricht.

Zum anderen scheinen sich viele Pfarrerinnen und Pfarrer in ihren Gemeinden recht bequem eingerichtet zu haben. Die Abläufe sind eingespielt, mit den Gemeindestrukturen hat man sich arrangiert oder man hat sie in hohem Maße mitgeprägt. Das Einkommen erscheint angemessen und der eigene Job trotz problematischer Großwetterlage der Kirche sicher. Veränderungswünsche bestehen nicht, was unter anderem auch daran deutlich wird, dass es vielerorts immer schwieriger wird, gute Kandidaten für Führungspositionen wie Dekane zu finden.

Und schließlich wird argumentiert, dass die Freiheit der Verkündigung des Evangeliums einer Definition von Leistungskriterien und deren Messung entgegenstehe. Eine deutliche Verkennung der erst über Leistungsziele möglichen systematisierten eigenen Reflektion über das Erreichte und Nichterreichte, über die dadurch angeregte Ergründung der Hürden, die einer zukünftig verbesserten Zielerreichung im Wege stehen.

Und all dies bremst dann nicht nur die individuelle Weiterentwicklung, sondern letztlich auch die Entwicklung und den Erhalt der Gemeinden und der evangelischen Kirche als Ganzes; nachvollziehbar an der weiter schwindenden Beheimatungskraft vieler kirchlicher Kernangebote, an der weiter schrumpfenden Mitgliederzahl und der großen Schwierigkeit der Landeskirchen, eigene Strategien auch tatsächlich umzusetzen.

Im Interesse der Gemeinden

Was tun? Abgeleitet aus den langjährigen Erfahrungen anderer verantwortungsvoller Berufsgruppen und natürlich auch aus den punktuell bereits vorhandenen guten Erfahrungen vieler Pfarrerinnen und Pfarrer selbst ist eine viel offenere Diskussion von sinnvollen Qualitäts-/Leistungskriterien und abgeleiteten Zielsetzungen erforderlich. Und darauf aufbauend dann eine Festlegung der Maßstäbe - qualitativ und quantitativ - und der Vorgehensweise zu deren Messung und Beurteilung. Mit den Zielen einer Identifizierung reduzierbarer Erfolgshürden, eines verbesserten breiten Erfahrungsaustausches und eigener kontinuierlicher Leistungssteigerung. Im Interesse der Entwicklung vorhandener Gaben und der betroffenen Gemeinden, der verbesserten Bindung der Mitglieder und Mitarbeiter und letztlich der verbesserten Verkündigung unseres Evangeliums.

Und wenn man all dies tut, was spricht dann eigentlich dagegen, die Erreichung oder Nichterreichung der gemeinsam vereinbarten Ziele auch zu belohnen? Durch einen Blumenstrauß, das gezahlte Abendessen mit dem Partner oder der Partnerin, durch einige zusätzliche Urlaubstage oder auch durch einen zusätzlichen Geldbetrag - eben durch leistungsbezogene Anreize.

Andreas Kahnt: Dem Evangelium gemäß

Peter Barrenstein

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