Unter Freunden

Sommer in Lugano
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Martha Argerich gehört zu den bedeutendsten Pianistinnen des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart - und ist eine der eigenwilligsten obendrein.

Andrey Baranov, Jura Margulis, Cristina Marton: Man muss sich schon ziemlich gut in der Klassikszene auskennen, um diese Namen einordnen zu können. Die drei hätten ein größeres Publikum verdient. Das Geschäft verträgt aber nur eine begrenzte Anzahl von Superstars. Was also tut der Nachwuchs? Er sammelt bei Wettbewerben Preise, postet sie auf Homepages und in sozialen Netzwerken und hofft, damit Konzertveranstalter wie Plattenfirmen auf sich aufmerksam zu machen. Allein: Der Wettbewerbe und Preise sind viele.

Eine derjenigen, die solches Werben längst nicht mehr nötig haben, ist Martha Argerich. Sie gehört zu den bedeutendsten Pianistinnen des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart - und ist eine der eigenwilligsten obendrein. Mit 17 Jahren hatte die Argentinierin quasi schon alles erreicht, legte eine Pause ein, kam zurück und fegte erneut wie ein Sturm durch die Musikwelt. Schon 1981 beschloss sie, keine Solorecitals mehr zu geben und die Kammermusik ins Zentrum ihres Schaffens zu stellen. Wenn sie eine Bühne betritt, dann am liebsten gemeinsam mit Freunden. Ein Gegenentwurf der großen Geste.

Eine gute Gelegenheit, diesen Freundeskreis zu vergrößern, bietet ihr eigenes Festival, das seit 2002 jeden Sommer in Lugano stattfindet, das "Progetto Martha Argerich". Hier hat sich die 73-Jährige die ideale Plattform geschaffen, um viel versprechende Talente zu fördern. Das tut sie schon, indem sie Kolleginnen und Kollegen wie Baranov, Margulis oder Marton nach Lugano einlädt. Martha Argerich geht aber noch einen wichtigen Schritt weiter und tritt mit ihnen gemeinsam auf - eher als Gleiche unter Gleichen denn als "Prima inter pares".

Mit dabei ist immer auch ihr alter Weggefährte Mischa Maisky am Cello, mit dem sie im vorigen Sommer eine wunderbare Fassung von Beethovens zweiter Cellosonate aufgeführt hat. Wie in den Jahren davor durften 2013 auch Gautier und Renaud Capuçon nicht fehlen, die diesmal Cello- beziehungsweise Violinsonaten von Schostakowitsch und Respighi veredelten.

Mit Saint-Saëns' "Karneval der Tiere", eingespielt in einer exquisiten zehnköpfigen Besetzung, hat die Dreier-CD eine publikumswirksame Schlussnummer, doch packender noch sind zwei Duette: Ravels "posthume" Violin-Sonate, feinsinnig und gefühlsreich interpretiert von Andrey Baranov und Jura Margulis, sodann Debussys "Kleine Suite für vierhändiges Klavier", ein 13 Minuten dauernder Glanzmoment Cristina Martons und der Gastgeberin. Die hat einmal gesagt: "Wenn man beginnt Routine zu haben, dann imitiert man sich selbst. Das ist das Schlimmste." Kein Grund zur Sorge, Martha Argerich!

Martha Argerich and Friends - Live from the Lugano 2013. Warner Classics, 3 CDs.

Ralf Neite

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