Jung, modern und gut vernetzt

Der Reformierte Bund in Deutschland möchte in der EKD stärker präsent sein
Historischer Moment: Einmütiges Ja zur Gründung einer Körperschaft. Foto: Christian König
Historischer Moment: Einmütiges Ja zur Gründung einer Körperschaft. Foto: Christian König
Die Hauptversammlung des Reformierten Bundes vom 6. bis 8. Juni in Heidelberg war nicht nur eine Art Familientreffen im Großen oder Kirchentag im Kleinen. Die Vereinsmitglieder stimmten einstimmig für eine Satzungsänderung. Sie gründeten eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, um in der Evangelischen Kirche in Deutschland wirksamer mitarbeiten zu können.

Für die 144 angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Gäste und Referenten waren Stadthalle, Peterskirche und Heiliggeistkirche die Bühne und das 450-Jahre-Jubiläum des Heidelberger Katechismus der inhaltliche Orientierungspunkt.

Eine Reisegruppe der Petri-Gemeinde aus Herford ist nach Heidelberg gereist. Zusammen mit ihrem 38-jährigen Pastor Bodo Ries. Herford liegt in Ostwestfalen. Es handelt sich um die einzige reformierte Gemeinde im Kirchenkreis.

Die etwa sechzehn Personen besuchen am Donnerstag in der Peterskirche den Eröffnungsgottesdienst zur Hauptversammlung, lassen sich hernach die neugotische Universitätskirche zeigen, hören am Freitagabend die Rede des emeritierten Neutestamentlers Gerd Theissen und kommen am Samstagmorgen in die Bibelarbeit zu einer Stelle aus der Bergpredigt. Ansonsten sind sie frei, besuchen in Heidelberg die Ausstellung "Macht des Glaubens - 450 Jahre Heidelberger Katechismus" im Kurpfälzischen Museum und auf dem Schloss droben. Wer ist also dieser Reformierte Bund, der mit seinem Rahmenprogramm eine reformierte Reisegruppe 400 Kilometer in Bewegung setzt?

Frieden stiften und Konflikte lösen

Der Reformierte Bund ist ein Zusammenschluss von Kirchengemeinden, Landeskirchen und Einzelpersonen, die dem reformierten Bekenntnis folgen oder den Dienst des Bundes fördern wollen. Und wer macht beim RB mit und delegiert Mitglieder in die Leitung, das Moderamen? Die Evangelische Kirche im Rheinland, diejenige von Westfalen, von Hessen und Nassau, Kurhessen-Waldeck, von Bremen, der Bund Evangelisch-Reformierter Kirchen Deutschlands und die Evangelisch-Altreformierte Kirche in Niedersachsen.

Im Eingangsvotum des Gottesdienstes am Donnerstag spricht Superintendentin Claudia Ostarek aus Detmold (in der Lippischen Landeskirche) Worte, die den Anspruch und die Haltung des Reformierten Bundes aufzeigen: "... im Namen des Heiligen Geistes, der uns in dieser unerlösten Welt getrost und trotzig macht".

Zwei Anträge von Pfarrerin Mechthild Gunkel aus Offenbach, der Friedensbeauftragten des RB, wurden einmütig angenommen. Sie zeigen, womit sich der RB konkret beschäftigt. Im ersten Projekt "Jugendliche werden Friedensstifter" geht es darum, in einem Kurs Formen der Gewalt zu erkennen und eigenes Verhalten zu reflektieren. Die Ausbildung zum Friedensstifter soll junge Menschen dazu ermutigen, sich für den Frieden einzusetzen. Wenn man das Programm durcharbeitet, wird einem auch eine Urkunde überreicht. Im zweiten Projekt "Zivile Konfliktlösungen" erzählen Friedensfachkräfte von ihren Auslandseinsätzen, und wer diesen Workshop besucht, lernt Methoden der zivilen Konfliktbearbeitung kennen und Beispiele von Versöhnungsarbeit. Der RB empfiehlt beide Projekte seinen Mitgliedskirchen und wird sich bei der nächsten Hauptversammlung in zwei Jahren über die Zahl der Veranstaltungen berichten lassen.

Paradigmenwechsel

Generalsekretär Jörg Schmidt zeigte in seinem Bericht, dass für den RB ein Paradigmenwechsel überlebenswichtig ist. Die alte Organisationsform Verein funktioniere nicht mehr so einfach wie früher. Der RB werde älter, die Mitglieder weniger, der Bezug zueinander lockere sich. "Über lange Jahre motiviert und engagiert mitarbeiten, das entspricht den Menschen heute nicht mehr so." Lieber profitierten sie punktuell, nutzten den RB als Serviceanbieter, bestellten sich die Wanderausstellung zum Heidelberger Katechismus in ihre Gemeinde oder würden im Internet Arbeitsblätter für den Schulunterricht herunterladen. Öfters sprechen auch Pfarrerinnen und Pfarrer eine Einladung aus und organisieren mit dem Generalsekretär ein Referat oder eine Matinee, wo "das Reformierte" zum Thema wird. Für Jörg Schmidt hat sich der RB in den letzten Jahren zu einer "Agentur für reformierte Theologie und Frömmigkeit" entwickelt.

Pfarrer Peter Bukowski aus Wuppertal ist Moderator des RB. Auf Nachfrage des Reporters sagt er zur organisatorischen Neuordnung des RB: "Unsere Fragestellung ist, wie die Evangelische Kirche in Deutschland als ganze, als Kirche gestärkt werden kann und wie das Miteinander der verschiedenen konfessionellen Profile so zur Darstellung gebracht wird, dass es das Ganze nicht irritiert. Die Entscheidung, uns jetzt auch als Körperschaft zu konstituieren, hat ja nur diesen Sinn, dass wir für die anderen konfessionellen Partner auch institutionell klar und erkennbarer sind, an der Arbeit muss sich gar nichts ändern, weil wir da schon kräftig dabei sind."

Die Vereinsmitglieder ließen sich vom Plan für eine organisatorische Weiterentwicklung überzeugen. Nach einer längeren Diskussion über die Vor- und Nachteile sagten sie Ja (bei null Gegenstimmen und zwei Enthaltungen) und gründeten somit den "Reformierten Bund in der Evangelischen Kirche in Deutschland". Bisher war der Reformierte Bund als Verein organisiert, nun gibt es ihn auch als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Es gibt den RB in Zukunft also sowohl als Verein wie auch als Körperschaft.

Heidelberger Katechismus

Was macht der RB als Körperschaft? Dazu Peter Bukowski: "Für uns ist jetzt eine ganz wichtige Aufgabe, die Verbindung zu schaffen zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Union Evangelischer Kirchen und auch der reformierten Kirchen zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, die nach Hannover kommt. Das ist eine Aufgabe, die uns zufällt, die wir auch gerne annehmen, die aber viel Anstrengung erfordert, denn es ist sehr anspruchsvoll, einen solchen Weltverband hier zu integrieren, so dass er einerseits die Kirchen als Ressourcen und Partner nutzen kann, aber andererseits nicht provinziell wird. Dass wir der Reformierten Weltgemeinschaft hier in guter Weise ein Nest bauen, von dem aus sie weiter weltweit agieren kann, ist eine Aufgabe, der wir uns als Reformierter Bund sehr widmen müssen. Die kommt jetzt zu allem, was wir ohnehin tun, noch dazu, aber wir nehmen sie gerne an."

Der RB als Verein konzentriert sich auf die theologische Programmarbeit, das reformiert-info als "reformierte Internet-Stimme" (vgl. www.reformiert-info.de) und festigt das Netzwerk kleiner reformierter Organisationen wie die Johannes-a-Lasco-Bibliothek in Emden, die Calvin-Stiftung in Hannover und die Gesellschaft für die Geschichte des Reformierten Protestantismus.

Um die jüngere Generation zur Auseinandersetzung mit dem Heidelberger Katechismus anzuregen, war 2012 ein Rapwettbewerb veranstaltet worden - und am Freitagabend wurde bei der Festveranstaltung in der Heiliggeistkirche der erste Preis übergeben. Dann sang der Chor der Evangelischen Studierendengemeinde Lieder aus dem Singspiel "Die Schnur Christi". Es stammt vom Librettisten Peter Schütze und Komponisten Dietrich Lohff und aktualisiert den Heidelberger Katechismus. Auch dieses Projekt wurde vom RB unterstützt. Vom Jahre 1619 wird zurückgeblickt auf das Entstehungsjahr des Katechismus 1563 und dabei dessen geschichtliche Wirkung erzählt, gesprochen und gesungen. Der ESG-Chor Heidelberg stimmte ein fiktives Spottlied der Katholiken an: "Nun danket alle Gott: Ottheinrich ist bankrott."

"typisch reformiert"

Das Tagungsprogramm der Hauptversammlung war überaus dicht. Trotzdem hatten die Teilnehmenden in den Pausen, beim Essen oder am Abend Zeit für persönliche Gespräche. Was für Themen stehen an in einer Gemeinde in Ostfriesland? Vor welchen Herausforderungen steht eine kleine Landgemeinde im Schweizer Kanton Aargau? Darüber kamen eine ostfriesische Pastorin und ein Schweizer Pfarrer ins Gespräch.

Auf die Frage, was denn "typisch reformiert" sei, nennt Peter Bukowski den presbyterial-synodalen Aufbau der reformierten Kirche, von der versammelten Gemeinde her zu denken und nicht top down. "Oder mit einem Wort von Zwingli: es braucht mehrere, um intelligent zu sein." Laut Peter Bukowski ist gute Theologie biblisch begründet und aufs Leben bezogen: "Wenn es uns gelingt, uns nicht in zeitlosen Wahrheiten zu verbarrikadieren, sondern uns heutigen Fragen so zu stellen, dass wir unser Eigenes nicht vergessen. Wenn wir diese Balance halten, dann ist das in meinem Verstande gute, reformierte, reformatorische Theologie."

Christian König

Online Abonnement

Sie erhalten Zugang zur gesamten Website und zur kompletten Monatsausgabe als Web-App.

64,80 €

jährlich

Monatlich kündbar.

Einzelartikel

Sie erhalten Lesezugriff für diesen Artikel.

2,00 €

einmalig

Kein Abo.

Haben Sie bereits ein Online- oder Print-Abo?
* Ihre Kundennummer finden Sie auf Ihrer Rechnung. Ein einmaliges Freischalten reicht aus; Sie erhalten damit zukünftig automatisch Zugang zu allen Artikeln.

Ihre Meinung


Weitere Beiträge zu "Kirche"