
Von Pepe Romeros Geburt erzählt man sich, dass sein Vater Celedonio auf der Gitarre spielte, um ihn auf der Welt zu begrüßen. Die klassische Gitarre wurde ihm quasi doppelt in die Wiege gelegt, denn beide Eltern waren virtuos auf diesem Instrument. Im Falle der Romeros muss sich der Schöpfer an die alte Devise "Never change a winning team" erinnert haben, denn die beiden Söhne Celedonios und Angelitas erbten beide das außergewöhnliche Talent – und übertrugen es wiederum auf ihre Kinder. So viele Virtuosen eines Instrumentes in einer einzigen Familie, das ist einzigartig in der Musikwelt.
Um zu Pepe Romero zurückzukommen: Mit zehn Jahren hatte er seinen ersten öffentlichen Auftritt, mit fünfzehn nahm er seine erste Schallplatte auf, mehr als fünfzig weitere folgten. Solo, mit Orchestern und mit dem Quartett "Los Romeros" umfasst sein Repertoire Werke aus fünf Jahrhunderten. Mit seiner aktuellen Veröffentlichung "Spanish Nights" huldigt der 68-Jährige nun dem Spanien seiner Kindheit, das er in pastellfarbenen Worten beschreibt: "Damals gab es noch Pferdefuhrwerke anstelle der heutigen Taxis, Verkäufer priesen ihre Waren mit Liedern an und waren in Blumendüfte eingehüllt, und die Träume von Freiheit und Frieden fanden ihren Ausdruck in den (wenn auch verbotenen) Künsten."
Ganz ähnlich wie Pepe Romero, der 1957 mit seiner Familie Franco-Spanien den Rücken kehrte und in die USA emigrierte, muss es auch diesen zeitgenössischen Komponisten ergangen sein: Frederico Moreno Torroba, Joaquin Rodrigo, Joaquin Turina und Celedonio Romero malen in ihren Werken idyllische Bilder ihrer Heimat. Teils an barocke Kompositionen erinnernd, teils der Romantik verbunden und natürlich dem Flamenco verpflichtet, zeichnen sich alle Stücke der CD durch eine schwelgerische Klangschönheit aus. Bürgerkrieg und Diktatur haben in dieser Musik keinen Platz gefunden, fast ist es so, als wollte sie sagen: Schlimm genug, dass der Alltag unter Repressalien leidet – wenigstens die Kunst soll davon unberührt bleiben.
Schade, dass Pepe Romero im CD-Booklet nicht noch mehr von den Hintergründen der Stücke erzählt: Als Ausnahmekünstlerinnen und -künstler hatten die Mitglieder seiner Familie das große Glück, in intensivem Kontakt mit den Komponisten ihrer Zeit zu stehen, mit Torroba und Rodrigo sogar eng befreundet zu sein. Lesend, wie Torroba von einer schlaflosen lauen Nacht in Madrid zu seinem "Nocturno" inspiriert wurde, kann der Hörer das Kleinod noch mehr wertschätzen als ohnehin.
Pepe Romero: Spanisch Nights. Mit Werken von Torroba, Rodrigo, Turina und C. Romero. Deutsche Grammophon
Ralf Neite