Wort und Klang

Brahms und Schumann

CDs, die Text und Musik vermengen, haben es schwer. Denn diese Kombination hält leider häufig Menschen vom Erwerb ab, die eben – und das ist durchaus ein berechtigtes Anliegen – Musik auch nebenbei hören möchten. Aber solche Art von CDs kann wunderbar sein und ins Mark treffen, jedenfalls wenn sie so gerät wie die vorliegende. Mit Johannes Brahms wird man nicht in erster Linie Orgelwerke verbinden, und sein Orgel-Oeuvre ist auch eher schmal, aber es ist wunderschön. Besonders die posthum veröffentlichten elf Choralvorspiele (Opus posthum. 122) zeigen die Meisterschaft des reifen Brahms, so zum Beispiel in den beiden Versionen von „O Welt, ich muss dich lassen“.

Orgel-CDs an sich sind nichts Besonderes, in diesem Falle werden die reinen Klänge jedoch durch äußerst durchdachte Lesungen gerahmt: Der Dessauer Schauspieler Roman Weltzien, der weiten Kreisen eher als Comedian bekannt sein dürfte, verbindet sämtliche Orgelwerke von Brahms, 15 an der Zahl, je eins von Robert und Clara Schumann mit Texten, die sich der besonderen Beziehung zwischen den Schumanns und Brahms widmen, der 23 Jahre jünger als Robert und 14 Jahre jünger als Clara war. Die Texte sind dem Buch Du bist mir so unendlich lieb – Briefwechsel Robert und Clara Schumann und Johannes Brahms von Michail Krausnick entnommen, das bereits 2010 erschien. Deutlich neueren Datums sind die Aufnahmen, die der Dessauer Kirchenmusiker Florian Zschucke an vier klangschönen Orgeln der dortigen Region im Sommer 2022 eingespielt hat.

Es ist wunderbar, diesen Klängen zu lauschen – denen der Orgel, aber genauso der Stimme Weltziens, der mit sensiblem Timbre und Timing vorträgt und uns so en passant die stilistische Meisterschaft der Briefkunst des 19. Jahrhunderts vorführt. Als Eindruck sei nur aus der letzten Textpassage der CD aus Claras Tagebuch zitiert, die über ihre Beziehung zu Brahms an ihre Kinder gerichtet schreibt: „Wohl kann ich euch sagen, (…) daß ich nie einen Freund so liebte, wie ihn. Es ist das schönste Einverständnis unser Seelen. Nicht liebe ich an ihm die Jugend (…), nein, seine Geistesfrische, seine herrlich begabte Natur, sein edles Herz ist es, das ich liebe.“ Und wissend um das Gerede, das es schon damals über die besondere Liaison der beiden gab, fügt sie an: „… (G)laubt nicht kleinlichen, neidischen Seelen, die ihm meine Liebe und Freundschaft nicht gönnen, daher ihn anzutasten suchen, oder gar unser schönes Verhältnis, das sie entweder wirklich nicht begreifen oder nicht begreifen wollen.“

(Die Doppel-CD ist zum Preis von 15 Euro in der Evangelischen Buchhandlung Dessau im Bodelschwinghhaus erhältlich; Telefon: 0340/220 26 46).

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