Im Dienst an allen Menschen

Diakonie und AfD – das geht nicht zusammen
Foto: Diakonie/Thomas Meyer

Wie sollen Kirche und Diakonie umgehen mit AfD-Anhängern unter ihren Mitarbeitenden? Diese Frage behandelt nicht nur unser aktueller Schwerpunkt in der Mai-Ausgabe. Auch Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie Deutschland, hat in einem Interview mit der Funke-Mediengruppe Position bezogen und erklärt: „Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen“. Daraufhin hat die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch nach eigenen Angaben Strafanzeige gegen Schuch gestellt. Nun bezieht der Diakonie-Präsident erneut Stellung.

Kaum ein Thema polarisiert unsere Gesellschaft derzeit mehr als die Frage, wie umzugehen ist mit den immer extremer werdenden Positionen vor allem am äußersten rechten Rand des Spektrums. In den vergangenen Tagen hat der Diskurs nach den Übergriffen gegen Politikerinnen und Politiker eine neue Dimension erreicht. Die Saat, die die Verächter der Demokratie gestreut haben, geht auf. Nichts weniger als unsere offene Gesellschaft ist in Gefahr.

Dadurch ist auch die Diakonie herausgefordert. Denn die offene Gesellschaft ist die Grundlage für unseren Sozialstaat – und damit für die Arbeit der Wohlfahrtsverbände, deren Zuwendung allen Menschen gilt. Diakonie heißt gelebte Nächstenliebe – und zwar unterschiedslos.

Es ist selbstverständlich, dass wir unsere Haltung klar und öffentlich deutlich machen. So habe ich mich Ende April in einem Interview mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe geäußert. Das menschenfeindliche Leitbild der AfD widerspricht dem christlichen Menschenbild – das hört die selbsternannte Alternative nicht gerne. Die Folge war eine Hasswelle gegen die Diakonie und gegen meine Person, mit der sich die AfD weiter demaskiert.

Die Diakonie unterstützt politisches Engagement und fördert die Meinungsfreiheit, wenn es sich dabei um Parteien handelt, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, das eine wichtige Basis für die diakonische Arbeit ist.

Der Nächstenliebe verpflichtet

Wenn allerdings Menschenverachtung, Ausgrenzung und demokratieverachtende Positionen von Mitarbeitenden der Diakonie vertreten werden, steht das im Widerspruch zum christlichen Auftrag der Diakonie. Schon ganz am Anfang der biblischen Überlieferung wird erzählt, dass Gott die Menschen, jeden und jede, nach seinem Bild geschaffen hat. Darin gründet nach christlich-jüdischem Verständnis die Würde eines jeden Menschen. Unveräußerlich, aber verletzlich. Darum ist der Schutz für Menschen in besonders gefährdeten Situationen, der Fremden, der Witwen und Waisen, der Kranken oder der Armen ein zentraler Auftrag biblischer Gebote. Diese Gebote gipfeln im Liebesgebot, das Jesus im Markusevangelium aus der Hebräischen Bibel zitiert„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (3. Mose 19,18). Es ist das Zentrum christlich-jüdischer Ethik. Es ist der Grundimpuls allen diakonischen Handelns.

Die Nächstenliebe macht keinen Unterschied bei Herkunft und Hautfarbe, Geschlecht, Alter oder Religion. Dieses Fundament diakonischer Arbeit verbindet uns untereinander im Dienst für alle Menschen – und es ist verbindlich. Denn wer bei der Diakonie arbeitet, verpflichtet sich gegenüber dem Arbeitgeber auf die Achtung dieses Grundwertes, der sich in allen Leitbildern von Trägern und Verbänden wiederfindet.

Dabei gilt die höchste Loyalität in der Diakonie den Menschen, die sich ihr anvertrauen. Sie dürfen erwarten, dass sie in den 33.000 Einrichtungen der Diakonie auf eine vom christlichen Menschenbild geprägte Unterstützung, Betreuung, Begleitung und Beratung treffen. Menschen mit Behinderungen oder alte Menschen mit Pflegebedarf, solche, die durch Flucht und Vertreibung traumatisiert sind, Opfer von Gewalt oder von Obdachlosigkeit: In den diakonischen Einrichtungen muss sichergestellt sein, dass ihr Schutz jederzeit gewährleistet ist – unterschiedslos.

Frage des Einzelfalls

Wer im Dienst der Diakonie steht, steht im Dienst an allen Menschen - nicht nur der deutschen, der gesunden, der christlich geprägten oder wie auch immer von der AfD kategorisierten. Und darum gehört zur notwendigen Klarheit: Wer sich für die AfD und ihre ausgrenzenden Positionen einsetzt, stellt sich selbst in Widerspruch zu den Grundwerten diakonischer Arbeit. Wer für die AfD kandidiert, ihre Menschenverachtung propagiert, sich rechtsextremistisch äußert, muss mit Widerspruch rechnen. Eine diakonische Einrichtung wird zunächst genau hinhören, warum solche Äußerungen getätigt werden. Aber sie wird auch klarmachen, dass dafür in unseren Einrichtungen kein Platz ist. Ob es schließlich zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen kommt, ist eine Frage des Einzelfalls, die Prüfung dieser Frage obliegt dem jeweiligen diakonischen Arbeitgeber. 

Die AfD wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird sie von den zuständigen Landesämtern sogar als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz stellte dazu fest: „Der Landesverband vertritt seit Jahren Positionen, die sich gegen die Menschenwürde, gegen das Demokratie- und gegen das Rechtsstaatsprinzip richten.“  Auch das macht klar: Das ausgrenzende Menschenbild, das von weiten Teilen der AfD vertreten wird, ist mit dem inklusiven diakonischen Leitbild unvereinbar. Die Diakonie befindet sich mit ihrer Positionierung zur AfD somit in Einklang mit den Äußerungen der amtierenden Ratsvorsitzenden, der EKD und den Landeskirchen. 

Klare Kante

Wir halten Kurs: In Projekten zur Demokratieförderung bieten wir unseren Mitarbeitenden niedrigschwellige und effektive Schulungsangebote. Wir fördern das Gespräch über die Themen, die unsere Gesellschaft polarisieren, zum Beispiel mit der Aktion #verständigungsorte von EKD und Diakonie. Und mit dem Sozial-o-Mat begleiten wir die anstehenden Wahlen mit Informationen und Positionen zur Sozialpolitik.

Wir gehen ins Gespräch, und wenn nötig auch in den Streit. Die Basis dafür ist stets die Achtung der Würde eines jeden Menschen. Wer sich aber für die AfD und ihre menschenverachtende Politik stark macht, wird mit einer entschiedenen Gegenmeinung rechnen müssen. Das sind wir den Menschen, die sich uns anvertrauen, schuldig. Das sind wir auch den 1,3 Millionen haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden in der Diakonie schuldig, die sich mit ihrem Engagement jeden Tag für den sozialen Zusammenhalt und damit auch für die Stabilität unserer Demokratie einsetzen. Daher: Klare Kante gegen jegliche Form von politischem Extremismus! 

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