Wer hat nicht schon einmal den Halbsatz gehört „weil nicht sein kann, was nicht sein darf“? Damit endet das Gedicht „Die unmögliche Tatsache“ und ist auf einer CD mit 68 Morgenstern-Gedichten zu hören. Das Gedicht von Herrn Palmström, der die Realität verleugnet, erschien 1905 in der berühmten Sammlung Galgenlieder, womit der Dichter, der in diesem Jahr seinen 150. Geburtstag feiert, bekannt wurde. Christian Morgenstern (1871 – 1914) widmete das Buch „dem Kind im Manne“ und gab damit den leichten Ton vor.
Die neue CD beschränkt sich nicht auf die lautmalerischen, sprachspielerischen und Nonsens-Gedichte, sondern vermittelt ein Gesamtbild von Morgensterns Schaffen. Sie enthält zarte Liebesgedichte (Leise Lieder, Gleich einer versunkenen Melodie), melancholisch-traurige Verse (Vöglein Schwermut) und Gedichte, die an große Vorgänger und Zeitgenossen erinnern.
In den letzten Lebensjahren wandte sich Morgenstern der Anthroposophie zu. Auch davon zeugen einige der vorgelesenen Gedichte. Dabei handelt es sich nicht um „Weltanschauungsgedichte“, sondern sie beziehen ihre Färbung, ihren Klang und einige Begriffe von dort her. In vielen Versen ist eine tiefe Sehnsucht nach Frieden spürbar, nicht nur nach dem inneren, seelischen Frieden, sondern auch ganz konkret nach dem Frieden zwischen den Völkern.
Die Gedichte werden hervorragend gelesen. Da viele Sprecherinnen und Sprecher beteiligt sind, wechselt die Vortragsweise oft. Auch die Abfolge der Texte ist abwechslungsreich. Die sprachspielerischen, hintersinnigen und die Kinder in uns erfreuenden Gedichte stehen im Mittelpunkt. Und das ist wunderbar. Lalu lalu lalu lalu la!
Jürgen Israel
Jürgen Israel ist Publizist und beratender Mitarbeiter der "zeitzeichen"-Redaktion. Er lebt in Neuenhagen bei Berlin.