Beispielgebend

Neues zur Religionsdidaktik

Dieses Buch ist ein Meilenstein interreligiöser religionspädagogischer Kooperation. Zwar gibt es inzwischen eine Reihe dialogischer Veröffentlichungen, in denen Autorinnen und Autoren aus den verschiedenen Religionen authentisch zu zentralen Fragen von Theologie und Pädagogik Stellung nehmen. Aber dieses Werk wurde gemeinsam verfasst, wobei das je besondere Profil von Friedrich Schweitzer als prominentem evangelischem Religionspädagogen und Fahimah Ulfat als Professorin für islamische Religionspädagogik immer wieder sichtbar wird.

Beide arbeiten an der Universität Tübingen zusammen mit dem katholischen Religionspädagogen Reinhold Boschki, der auch am Werden dieses Buches beteiligt ist. Hinsichtlich des jüdischen Religionsunterrichts gibt es einen Kommentar von Asher J. Mattern vom Tübinger Institut für Ökumenische und Interreligiöse Forschung.

„Dialogisch – kooperativ – elementarisiert“: Diese Stichworte sind Programm. Alle Kapitel des Buches sind dialogisch durchstrukturiert, eine inzwischen erfahrungsgesättigte Zusammenarbeit bewährt sich, und Elementarisierung ist nicht nur ein pädagogisches Programm für die Herausarbeitung elementarer Strukturen, sondern zeigt sich auch in der klaren und gut lesbaren Diktion.

In vier Teilen werden Grundfragen der Religionsdidaktik erörtert, der Dialog auf zentrale Unterrichtsthemen bezogen, die Möglichkeiten interreligiös-kooperativen Lernens erschlossen und schließlich die interreligiöse Kooperation in der Ausbildung reflektiert.

Der erste Teil blickt auf die religiöse Situation der Gegenwart mit den Tendenzen zur Säkularisierung, Individualisierung und Pluralisierung als Grundherausforderungen für religiöse Bildung, mit differenzierender Sichtweise für die Entwicklung in den Kirchen und in der muslimischen Community. Es werden Grundbegriffe der Religionsdidaktik als Fachdidaktik geklärt, die Geschichte der christlichen und der noch ganz im Aufbau begriffenen islamischen Religionsdidaktik in wichtigen Grundzügen umrissen und der rechtliche Rahmen für den in Deutschland grundgesetzlich gesicherten Religionsunterricht beschrieben.

Im Blick auf die in Deutschland praktizierten und diskutierten Modelle von konfessionellem Religionsunterricht, Ethikunterricht mit religionskundlichen Anteilen und dem dialogischen „Religionsunterricht für alle“ (Hamburg) plädieren Schweitzer und Ulfat für eine Weiterentwicklung des konfessionsbezogenen Religionsunterrichts in Richtung Kooperation. Wichtig ist ihnen, die Situation der Schülerinnen und Schüler, ihre Prägungen und Erwartungen ernst zu nehmen. Sie greifen die empirischen Befunde, die dringend der Erweiterung bedürfen, auf und erkennen eine Pluralität an Erfahrungen und Einstellungen, ohne deren Wahrnehmung ein Unterricht, der die Religionen als geschlossene Systeme darbietet, ins Leere gehen muss. Die Kompetenzen, die sie beschreiben, sind durchgängig an den Situationen und der Identitätsentwicklung der Schülerinnen und Schüler orientiert.

Spannend ist, wie im zweiten Teil zentrale Unterrichtsthemen – von der Gottesfrage über Heilige Schriften, Jesus und Mohammed, Religionen bis hin zu Krieg und Frieden – erörtert werden, problemorientiert, nicht harmonisierend, durchgängig so, dass ein Miteinander- und Voneinander-Lernen erkennbar wird, mit kurzen, persönlich gefärbten eingestreuten Dialogen. Manchmal würde man sich hier Vertiefungen wünschen, etwa bei der Schöpfungstheologie hinsichtlich der die Religionen verbindenden Verantwortung des Menschen oder bei den religiösen Festen hinsichtlich deren tiefgreifender theologisch-existentieller Dimensionen (Weihnachten – Menschwerdung Gottes; Ramadan – die soziale und weltweit-gemeinschaftliche Erfahrung …). Hier wird manches erst angedeutet, aber wichtige Grundlinien für den theologisch-religionspädagogischen Dialog werden skizziert.

Wie interreligiös-kooperatives Lernen im Religionsunterricht und in der Ausbildung der Lehrkräfte aussehen kann, beschreiben Schweitzer und Ulfat mit vielen Anregungen und bereits erprobten Beispielen, wobei sie an den strukturell und personell begrenzten Möglichkeiten im schulischen Bereich nicht vorbeigehen.

Insgesamt stellt dieses Buch ein Zeugnis interreligiösen Lernens und Lehrens dar, wie es für die Zukunft der Religionsbegegnung beispielgebend ist.

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