„Manchmal heißt Liebe, ein Startup zu gründen.“ 175 Jahre Diakonie. Weiße Schrift auf violettem Grund, daneben ein Porträt Johann Hinrich Wicherns. Im virtuellen Raum hat die Kampagne zum Jubiläumsjahr der Diakonie in Deutschland bereits begonnen.
#AusLiebe Rückblende: Als Wichern, dieser fromme Lehrer und Theologe, am 22. September 1848 auf dem Kirchentag in Wittenberg seine zornige Rede von der rettenden Liebe und vom kollektiven Versagen der Kirche an den Armen hält, gibt er den entscheidenden Impuls, aus dem heraus sich der weitverzweigte, vielfältige Sozialverband hat entwickeln können, den wir heute Diakonie nennen.
Auf dem langen Weg bis in unsere Tage ist viel geschehen – gesellschaftspolitisch gewollt, kirchlich beschirmt ist über 175 Jahre ein engmaschiges Netz sozialer Arbeit gewachsen: Alle, die unterstützt und begleitet werden wollen, können sich darauf verlassen, unterstützt und begleitet zu werden. Das soll auch in Zukunft so sein. Wir wollen im Jubiläumsjahr keinesfalls nur erinnern und gedenken. Wir wollen dazu einladen, Diakonie weiterzudenken: Insofern heißt Jubiläum auch Aufbruch. Ich bin sehr gespannt, welche Jubiläums-Ideen in den vielfältigen Teams der Diakonie entstehen werden. Dabei können Wichern und seine Mitstreiter:innen immer noch inspirieren. Ihre Sprache mag auf den ersten Blick vielleicht befremden – niemand redet von „rettender Liebe“, wenn es um soziale Arbeit geht. Aber die Energie, die sich aus dem Zusammenspiel dieser Frömmigkeit und dem unverstellten Blick auf die gesellschaftlichen Herausforderungen der Zeit speist, setzt immer noch Maßstäbe. Und ihre Vision von Kirche als „Netzwerk rettender Liebe“ auch. Diakonie ist Kirche. Und eine diakonische Kirche hat Zukunft.
Die Herausforderungen unserer Zeit, die globalen Krisen, sind komplex: Ein brutaler Angriffskrieg vor der Haustür, Inflation und Energiekrise erschüttern das Sicherheitsgefühl. Und die Folgen des weltweiten Klimawandels machen eine rasche sozial-ökologische Transformation notwendig. Das ist die Welt, in der wir 2023 unser 175-jähriges Bestehen feiern. Was braucht es heute und morgen, damit wir als „Netzwerk der christlichen Liebestätigkeit“ wirksam bleiben können? Welche Kompetenzen, welche Kooperationen sind nötig, um als Diakonie #AusLiebe weiter dazu beizutragen, dass unsere freie Gesellschaft der Vielfältigen ein lebensfreundlicher Ort bleibt, durchlässig für die Menschenfreundlichkeit des Gottes, auf den wir uns wie die Gründer:innen beziehen? Wo müssen wir uns verändern? Und was muss unbedingt bleiben, damit wir Diakonie bleiben?
Ich wünsche mir für das Jubiläumsjahr, dass die Diakonie sich als die Zukunftskraft erfindet, die sie in den besten Zeiten ihrer wechselvollen Geschichte immer gewesen ist. Und noch etwas ist mir wichtig: Wir haben das Startsignal für unsere Kampagne sehr bewusst während der EKD-Synode in Magdeburg gegeben, noch einmal: Eine diakonische Kirche hat Zukunft. Derzeit wird das in der gemeinsamen Aktion #wärmewinter für viele Menschen konkret. Ich bin gespannt, was als Nächstes kommt. Wie gesagt: Manchmal heißt Liebe, ein Start-up zu gründen.
Ulrich Lilie
Ulrich Lilie (geboren 1957) studierte evangelische Theologie in Bonn, Göttingen und Hamburg. Bis 2011 arbeitete er unter anderem als Krankenhausseelsorger mit dem Zusatzauftrag der Leitung und Seelsorge im Hospiz am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf. 2011 übernahm Lilie den Theologischen Vorstand der Graf-Recke-Stiftung in Düsseldorf. Seit 2014 ist er Präsident der Diakonie Deutschland.