Die Ferien sind zu Ende, das Smartphone steckt voller Bilder, Familie und Freunde warten auf Papierabzüge. Von der Postkarte bis zum Superposter gibt es solches heute im Drogeriemarkt. An diesem Ort sollten die Herren der Schöpfung besser einen Gang herunterschalten. Denn hier ist der Kunde Königin, schon draußen stehen Initialen warnend für „Das Meine“.
Das Terrain erscheint auf den ersten Blick weiblich gesichert, kein Wunder. Hier wird sich rezeptfrei um das Wohlbefinden gekümmert.
Nicht nur auf Basis B-Komplex bis Zinkerde, Körnermix und Powerbar. Sogar ein Büchershop verwöhnt mir Leib und Seele, 101 Essays führen auf Spaziergängen zum Ich, die Ein-Prozent-Methode verspricht maximale Wirkung.
Nach oben in die Fotowelt führt eine längere Treppe, der Aufzug bleibt verschwunden. Schon von unten kann ich erkennen: Eine der beiden Fotostationen ist von einer Gruppe Schülerinnen besetzt. Mit dem Bildschirm via Kabel verbunden werden unendliche Reihen von Ferienfotos gezoomt und die Visualisierung diskutiert. Auch das zweite Terminal erscheint schon länger im Druck. Jedenfalls erwartet die smarte Kundin ihre Farbprints und überbrückt die Zeit mit einem hingebungsvollen Make-up. Was soll ich jetzt tun? Mich noch einmal in die Traumwelten meiner Drogerie verlieren?
Da geschieht das Unerwartete: Die Schülerinnen sind im Aufbruch. Sie haben wohl nur einen ersten Check gemacht und sind dabei, ihren Platz zu räumen. Geistesgegenwärtig raffe ich mein Smartphone und nehme die ersten Stufen. Auf halber Treppe setze ich zum Überholen an und muss plötzlich innehalten: Ist das nicht eine männliche Person, die sich dort am Handlauf gemessenen Schrittes nach oben bewegt? Dem ist so. Von geheimnisvollen Kräften gesteuert verlangsame ich meinen Gang, soll er seinen Platz in meiner Fotowelt bekommen. Die gute Tat für heute ist jedenfalls getan.
Kathrin Jütte
Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.
