Wertvoll

Seelsorge im Digitalen

Wir leben in einer ständig fortschreitenden digitalisierten Welt. Die Mehrzahl der Menschen in unserer Gesellschaft nutzt regelmäßig digitale Medien. Viele haben sogar digitale Identitäten. Dieser Prozess wird sich in Zukunft noch weiter intensivieren und ausbreiten – unabhängig davon, ob diese Entwicklung als positiv oder negativ bewertet wird. Deshalb ist es eine Aufgabe der Kirche, den Menschen in dieser Welt mit ihren Arbeitsbereichen und Angeboten auf angemessene Weise zu begegnen. Seit der Corona-Pandemie ist dies insbesondere im Bereich digitaler Gottesdienste wahrzunehmen gewesen. Doch die Notwendigkeit, digital präsent zu sein, gilt auch für andere kirchliche Handlungsfelder. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Seelsorge.

Der Beauftragte der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers für digitale Seelsorge und Beratung, Achim Blackstein, gibt in seinem Buch Digitale Seelsorge wichtige und hilfreiche Impulse für die Praxis. Dabei macht er anfangs deutlich, dass es digitale Seelsorge in der Kirche schon seit dreißig Jahren gibt. Zugleich wird deutlich, dass in diesem Feld viel Luft nach oben besteht. Leidenschaftlich argumentiert er dafür, den Menschen im digitalen Raum zu begegnen. Schließlich sind 80 Prozent der Menschen in Deutschland digital unterwegs – ein Faktum, das nicht ignoriert werden kann. Dabei ist ihm wichtig, digitale Seelsorge nicht als Alternative zur analogen Form zu betrachten, vielmehr votiert er dafür, beide Dimensionen im Blick zu haben.

Ausgehend von wertvollen Ausführungen zur inneren Haltung in der digitalen Seelsorge führt Backstein nachfolgend in verschiedene Formen ein. Dabei reflektiert er schriftbasierte Ausprägungen wie zum Beispiel Chats oder E-Mails und videobasierte Gestalten, zum Beispiel Videogespräche ebenso wie Formen von Seelsorge via Messengerdiensten und sozialen Medien.

Neben den Vorteilen digitaler Seelsorge zeigt er in seinem Buch auch deren Grenzen auf. Vorteilhaft ist beispielsweise festzuhalten, dass die im Internet ermöglichte Anonymität, Chancen bietet, Nähe und Kontakt aufzubauen, die ein analoger Kontakt in dieser Weise nicht hat. Zugleich bestehen natürlich Grenzen – so kann digitale Seelsorge bei weitem nicht alle Dimensionen der zwischenmenschlichen Begegnung abbilden, wie es ein analoger Kontakt vermag. Um möglichen Grenzverletzungen digitaler Seelsorge vorzubeugen, schlägt Blackstein richtigerweise vor, Leitlinien zu formulieren.

Selbstverständlich kommen die sensiblen Themenfacetten des Datenschutzes und der Schweigepflicht nicht zu kurz. Auch die Potenziale digitaler Seelsorge in Krisensituationen werden angemessen zur Sprache gebracht. Gegen Ende des Buchs stellt der Autor dankenswerterweise verschiedene Apps, Tools und Ressourcen vor, die für den Bereich digitaler Seelsorge relevant sind.

Blacksteins kurzweilig geschriebenes Buch weiß auf nachvollziehbare Weise in das Themenfeld der digitalen Seelsorge und Beratung einzuführen. Dabei ist sehr hilfreich, dass er in den verschiedenen Abschnitten immer wieder praktische Beispiele nennt und sinnvolle Reflektionsfragen stellt, die der Leserschaft helfen, sich mit der Thematik vertraut zu machen. Theologisch hervorzuheben ist, dass Blackstein die biblische Dimension digitaler Seelsorge stets mitbedenkt und von ihr ausgeht. Auch die Bedeutung für die kirchengemeindliche Arbeit hat der Autor im Blick.

Es ist zu hoffen, dass das Feld der digitalen Seelsorge und Beratung in der zukünftigen Arbeit von Kirche und Gemeinde mehr Beachtung findet. Dafür, dass dies in guter Weise gelingt, hat Achim Blackstein einen wertvollen Wegbegleiter verfasst. Dies gilt auch für all die Erprobungsräume und Projekte im kirchlichen Raum, die gegenwärtig entstehen und das kirchliche Leben grundsätzlich im Bereich des Digitalen organisieren, gestalten und ausleben.

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Foto: Mario Brink

Gregor Bloch

Gregor Bloch ist Pfarrer und theologischer Mitarbeiter des Evangelischen Bundes Westfalen und Lippe. Er wohnt in Detmold.


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