Schwerelos lebendig

Englands Klang um 1600

Nennen Sie die berühmtesten vier englischen Komponisten vor den Beatles? Georg Friedrich Händel? Okay. Aber ehrlich, wenn natürlich ganz bescheiden, muss man doch sagen, dass er Deutscher war, obwohl er zwei Drittel seines Lebens, von 1710 bis zu seinem Tod 1759, als George Frideric Handel in England zubrachte.

Also: Wer noch? Henry Purcell vielleicht, dessen Anthem „Zadok the Priest“ den Höhepunkt jeder englischen Königskrönung bildet, von der Champions-League-Hymne adaptiert wurde und der in seiner erbarmenswert mozartmäßig kurzen Lebensspanne (1659–1694) natürlich sagenhafte Chorwerke und Opern schuf? Ein Kandidat, klar. Und dann ist da natürlich noch Benjamin Britten (1907–1975), der so überaus vielseitige und produktive britische Tonsetzer des vergangenen Jahrhunderts.

Anybody else? Natürlich William Byrd (1543–1623), der Großmeister der britischen Renaissance, der wunderbare Werke schuf, die leider auch heute bisher meist nur Eingeweihten bekannt sind, dabei handelt es sich um Musik von großer Schönheit, Originalität und Ausdrucksstärke. Schwerelos lebendig könnte man den Klangcharakter dieses großen Meisters und seiner Zeit nennen. Diesen Klängen spüren die beiden Sopranistinnen Dorothee Mields und Magdalene Harer im Verbund mit dem Boreas (Blockflöten-) Quartett Bremen und dem Harthor Consort (Gamben) in meisterhafter Weise nach. Für diese CD haben die Beteiligten das musikalische Schatzkästlein William Byrds und seiner Zeitgenossen und Nachfolger Henry Lawes, Thomas Tomkins und andere bisher wenig bekannte Meister der (Spät-)Renaissance weit geöffnet.

William Byrd war übrigens Hofkapellmeister der englischen Königin Elisabeth I., deren Vater Heinrich VIII. ja den Bruch der englischen Kirche mit dem Papsttum und schließlich auch mit dem Katholizismus vollzogen hatte. Wie sehr die erste englische Regentin Byrd schätzte, lässt sich daran ablesen, dass sie ihm gestattete, katholisch zu bleiben in einer Zeit, in der das in England verboten war – auch wenn er seine Messe im privaten, geheimen Rahmen vollziehen musste. Klug, denn gute Musik kennt keine Konfession!

Himmlisch und auf jeden Fall eine treffliche Idee, diese Scheibe mit dem instruktiven Beiheft unter den Christbaum zu legen. PS: Wer übrigens einen ersten Hör- und Seheindruck gewinnen will: In YouTubes Reich (Suchwort: On Byrd’s Wings) findet sich ein wunderbares Video, und wer das gesehen hat, könnte sich mit dem Gedanken sehr anfreunden, dass es „Byrd’s Wings“ auch als Film geben sollte. Nur zu, liebe Crowdfunder, die Künstler:innen wären bestimmt ansprechbar …

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