„Daran müssen wir arbeiten“

LWB wählt Henrik Stubkjaer aus Dänemark zum neuen Präsidenten
Der neue LWB-Präsident Henrik Stubkjaer
Foto: Stephan Kosch
Der neugewählte LWB-Präsident Henrik Stubkjaer

Der Lutherische Weltbund hat einen Präsidenten gewählt. Nach zwei Amtsinhabern aus dem Süden entschied sich die Vollversammlung in Krakau für den Bischof aus Viborg, der als einziger Kandidat antrat. Der Experte für Entwicklungszusammenarbeit weiß, dass viele Herausforderungen auf ihn warten.   

Der Neue tritt bescheiden auf, spricht mit ruhiger Stimme und freundlichem dänischem Akzent. Und er setzt – zumindest in seinen ersten Statements nach der Wahl zum Präsidenten des Lutherischen Weltbundes (LWB), auf Kontinuität: Henrik Stubkjær, 61, Bischof von Viborg, sagte, die Arbeit des LWB unter seiner Führung werde weiterhin auf den vier Säulen basieren, auf denen die Organisation gegründet wurde, „nämlich die Arbeit für die Bedürftigen und Unterdrückten, gemeinsame Initiativen in der Mission, gemeinsame Bemühungen in der Theologie und eine gemeinsame Antwort zur ökumenischen Herausforderung.“

Dem Tenor der gesamten Tagung entsprechend betonte der neue gewählte Präsident die Verbindung und Einheit im Weltbund, die er durch gemeinsame Arbeit stärken möchte und ein wenig klingt sein erst vor wenigen Jahren auf der Kopenhagener Business School erworbener Master in den Formulierungen an: „Meine Vision für den LWB ist, dass wir einen Mehrwert erzielen, indem wir als Gemeinschaft zusammenarbeiten und danach streben, den christlichen Glauben durch humanitäre und Entwicklungsarbeit, Interessenvertretung, gemeinsames Zeugnis und Dialog in die Tat umzusetzen.“

Für Vielfalt sorgen

Uniform soll es aber bei aller Einheitssuche nicht zugehen. Stubjaer wies darauf hin, dass „Lutheraner sein heißt, kontextualisiert zu sein“, und sagte, die Vielfalt, die in verschiedenen Kontexten zu finden sei, sei ein Zeichen dafür, wie „Gott uns durch seinen Sohn Jesus Christus als Mitgliedskirchen pflegt, um das Evangelium auf relevante Weise predigen.“ Daher fügte er hinzu: „Ich sehe es als meine Verantwortung an, für Vielfalt zu sorgen und dafür zu sorgen, dass alle Stimmen gehört werden.“

Soweit, so angemessen für einen neugewählten Präsidenten. Ob ihm der Spagat zwischen Vielfalt und Einheit gelingt, bleibt abzuwarten. Erfahrung im LWB hat er natürlich. Seit der zwölften Vollversammlung in Namibia war Stubkjaer auch Mitglied im Rat und leitete dort das World Service Komitee.

Wichtig in einer Zeit, in der die Herausforderungen des Klimawandels und die Auswirkungen vor allem auf den globalen Süden immer deutlicher werden: Der neue LWB-Präsident kennt sich aus in der weltweiten Entwicklungszusammenarbeit. Bevor Stubkjær vor neun Jahren Bischof von Viborg wurde, arbeitete er für knapp zehn Jahre als Generalsekretär der Dänisch Hilfsorganisation DanChuchAid (DCA). Diese ist auch Mitglied der ACT Alliance, der weltweiten Vereinigen von kirchlichen Hilfswerken, in deren Leitung Stubkjaer vertreten ist. Doch auch die sozialdiakonische Arbeit im eigenen Land ist ihm offenbar ein Anliegen. Er arbeitet in der Leitung von UNICEF Dänemark und in einer Hilfsorganisation für wohnungslose Männer.

Konflikt mit dänischer Regierung

Doch bei aller Zurückhaltung und Bescheidenheit, die Stubkjaer vor der Vollversammlung an den Tag legte, konfliktscheu ist er nicht. Man darf man von ihm ein – in einer immer vielstimmigeren Welt dringend benötigtes - profiliertes Verhalten als „oberster Lutheraner“ erwarten. Immerhin ist er nach 40 Jahren Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei Dänemarks zu Beginn des Jahres ausgetreten, weil er gegen die Abschaffung des „ Großen Bet-Tages“ als gesetzliche Feiertages war. Die Regierung begründet dies mit einer notwendigen Erhöhung der Ausgaben für das dänische Militär. Stubkjaer warnte davor, den großen Bet-Tag durch einen "großen Bombentag" zu ersetzen. Ihm sei es wichtig, dass die dänische Kirche keine Staatskirche sei, sagte er auf der Pressekonferenz nach der Wahl, sondern eine Volkskirche, die auch eine prophetische Stimme sein müsse. „Dafür kämpfe ich.“

Dass er dabei einen langen Atem hat, darf man voraussetzen. Stubkjaer hät sich mit Triathlon fit und scheut die Herausforderungen nicht. „Wir müssen daran arbeiten“ ist ein Satz, der in der Presskonferenz gleich mehrmals fällt. Dabei ist der Kern seines lutherischen Glaubens, dass die Menschen befreit sind durch Gottes Gnade. „Das steht am Anfang von allem“, sagte Stubkjaer. Und was ist mit der – zumindest in Europa – immer größer werdenden Zahl von Menschen, die gar nicht das Bedürfnis haben, befreit werden zu müssen? Viele von Ihnen seien gefangen, ohne es zu merken, im Leistungsdenken und Stress unserer Gesellschaft. Die Botschaft, dass der Mensch geliebt sei bevor er irgendetwas tue, sei eine wichtige, gerade auch für die moderne, säkulare Gesellschaft.      

Gemeinsam mit dem Präsidenten wählte die Vollversammlung 48 Personen in den Rat des LWB gewählt, davon sechs aus Deutschland: Tim Götz (Bayern), Vikarin Charlotte Horn (Württemberg), Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt (Nordkirche), OKR Michael Martin (Bayern), OKR Dirk Stelter (Hannover), Synodalpräsidentin Bettina Westfeld (Sachsen). Der Rat ist das höchste Leitungsgremium zwischen den alle sechs bis sieben Jahre stattfindenden Vollversammlungen. Er wird geleitet durch den LWB-Präsidenten.  Am Mittwoch wird der neugewählte Rat zum ersten Mal zusammentreten.

Online Abonnement

Sie erhalten Zugang zur gesamten Website und zur kompletten Monatsausgabe als Web-App.

64,80 €

jährlich

Monatlich kündbar.

Einzelartikel

Sie erhalten Lesezugriff für diesen Artikel.

2,00 €

einmalig

Kein Abo.

Haben Sie bereits ein Online- oder Print-Abo?
* Ihre Kundennummer finden Sie auf Ihrer Rechnung. Ein einmaliges Freischalten reicht aus; Sie erhalten damit zukünftig automatisch Zugang zu allen Artikeln.
Foto: Rolf Zöllner

Stephan Kosch

Stephan Kosch ist Redakteur der "zeitzeichen" und beobachtet intensiv alle Themen des nachhaltigen Wirtschaftens. Zudem ist er zuständig für den Online-Auftritt und die Social-Media-Angebote von "zeitzeichen". 


Ihre Meinung


Weitere Beiträge zu "Kirche"