Traumklänge

Männerchor mit Hörnern
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„Wald. Horn. Lied“ ist eine Einspielung, die in besonderer Weise beglückt, wenn man sich ihr ganz hingibt.

Es gibt Musikaufnahmen, die man nicht nur gut hören, sondern auch gut nebenbei hören kann. In unserer Welt, in der aktives und passives Multitasking regiert, ist das üblich. Musik als eine Art akustisches Raumdeo.

Es gibt aber auch Musikaufnahmen, die man unbedingt hören sollte, aber man muss sie ganz konzentriert und fokussiert hören, dann wird man überreich beschenkt. „Wald. Horn. Lied“ ist eine solche Einspielung, die in besonderer Weise beglückt, wenn, ja wenn man sich ihr ganz hingibt. Da ist zum einen der berückend-perfekte Klang des vorzüglichen Männervokalquintetts Amarcord, und da ist zum anderen in herausragender Perfektion das Hornquartett german hornsound. Allein die Verschmelzung dieser beiden Klangkörper ist ein Hörerlebnis besonderer Güte.

Auf dem Programm dieser heilvollen musikalischen Allianz stehen Kostbarkeiten des 19. Jahrhunderts mit Werken eines Komponistenoktetts, aus dem einzig Franz Schubert und Robert Schumann als geliebte Bekannte entgegentreten. Die sind natürlich eh über allen Verdacht erhaben. Daneben gibt es fesselnde Entdeckungen wie zum Beispiel Goethes „Meeresstille und Glückliche Fahrt“, von Karl Goldmark (1830–1915) atemberaubend in Töne gesetzt. Noch anlässlich des Gedenkens an Goldmarks hundertsten Geburtstag pries der österreichische Dichter und Musikkritiker Richard Specht an dessen Musik „dieses sinnlich schwüle Irisieren, dieses silbern Tropfende, Harfende und Psalmende der magischen Töne“ in denen „alle Märchen von Tausendundeiner Nacht lebendig geworden zu sein scheinen“. Heute ist dieser jüdische Wiener Tonkünstler leider völlig vergessen, was auch daran liegt, dass die Nazis sein Andenken gründlich tilgten. Entdeckungen gibt es zuhauf auf dieser magischen Aufnahme, zum Beispiel das schlicht-schöne Schlussstück „Waldeinsamkeit“ des ebenfalls heute unbekannten Carl Steinhauer (1852–1934). Dies alles sollte man sich nicht entgehen lassen. Aber bitte in seliger Stunde genießen, in der man nichts nebenbei tun muss, sondern in der man sich ganz hingeben kann. Einzig ein Seitenblick ins überaus gehaltvolle und gediegen gestaltete Begleitheft und ein bis zwei Gläser guter Rotwein seien gestattet – dann wird gewisslich wahr, was uns Friedrich Schiller vertont von Franz Schubert im 17. Track der Silberscheibe verspricht: „Weisheit mit dem Sonnenblick, / große Göttin, tritt zurück! / weiche vor der Liebe!“

Reinhard Mawick

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