Anders wegen Corona

Der Bericht des Leitenden Bischofs in der Generalsynode der VELKD
Impression von der digitalen Tagung der VELKD-Generalsynode 2020
Foto: VELKD
Futuristisches Ambiente: Die Generalsynode der VELKD im Zoom, 2020.

Vor Beginn der EKD-Synode trafen sich lutherische EKD-Synodale zu einer eigenen Tagung. Auch sie fand digital statt. Dabei ging es auch um die Einheitlichkeit der Gottesdienstordnung und die Frage, ob auch Nichttheologen ordiniert werden können.

Vieles ist in diesem Jahr anders, neu, als die Synode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) tagt. Sie tut das, wie die darauffolgende EKD-Synode digital. Daher melden sich bei der Aussprache weniger Synodale zu Wort. Und noch einen Nachteil hat das neue Format: Wenn die Synodalen, die daheim sitzen, auf dem Bildschirm zu sehen sind, sehen sie nicht gerade vorteilhaft aus, anders als im Fernsehen, wo diejenigen, die auftreten, vorher geschminkt wurden und gut ausgeleuchtet sind.

Wie immer eröffnet auch dieses Jahr der Bericht des Leitenden Bischofs der VELKD die Synodentagung. Aber der Amtsinhaber, Hannovers Landesbischof Ralf Meister, liest den Bericht, der auf das vergangene Jahr zurückblickt und aktuelle Themen anspricht, nicht einfach ab, wie das früher der Fall war.

In freier Rede führt Meister, ein geübter Radiosprecher, in den Bericht ein, der mit „Kirche im Exil“ überschrieben ist. Der Bischof spielt damit auf die Corona-Seuche an, die die Kirche wie die Gesellschaft insgesamt „aus dem Gewohnten herausgerissen hat, wie wir uns das nicht vorstellen konnten“. Diese „Phase einer intensiven Prüfung unseres Lebens“ verknüpft Meister mit dem Exil des Volkes Israel in Babylon, von dem das Alte Testament erzählt. Er zitiert den vierten Vers des 60. Psalms, dessen Verfasser klagt: Gott habe „die Erde erschüttert und zerrissen“. Und der Psalmist bittet Gott: „Heile ihre Risse, denn sie wankt“. Mit Vers 14 bekräftigt Meister: „Mit Gott wollen wir Taten tun.“ Den zweiten Teil des Verses, Gott „wird unsre Feinde zertreten“, lässt der Bischof aus. Ist das Corona-Virus der „Feind“?

„Verlust von Nähe, Berührung, Kontakt“

Im schriftlichen Teil des Berichts schildert Meister, dass er die Corona-Zeit in ihrer „Ambivalenz“ erlebe. Einerseits bedeute sie einen „Verlust von Gremiensitzungen und Abendterminen“ und damit mehr „freie Zeit“. Andererseits schmerze ihn der „Verlust von Nähe, Berührung, Kontakt“.

Die VELKD will seit ihrer Gründung 1948 den Zusammenhalt der ihr angehörenden sieben Mitgliedskirchen der EKD durch eine einheitliche Gottesdienstordnung (Agende) stärken. Bis heute zählt die Erforschung und Erarbeitung von Agenden zu den Kennzeichen der VELKD. Dabei spielt eine wichtige Rolle das angesehene Liturgiewissenschaftliche Institut bei der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig, das die VELKD trägt.

In seinem schriftlichen Bericht weist Bischof Meister darauf hin, dass die Frage einer einheitlichen Gottesdienstordnung die Kirchenleitung der VELKD beschäftigt habe. Aber „kontextbezogene, individuelle“ Formen der Gottesdienstgestaltung „gewinnen in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung, die Relevanz verbindender Ordnungen dagegen tritt zurück“, schreibt Meister.  Eine neue Generation von Geistlichen trete „mit dem Tablet auf die Kanzel, nicht mit dem Ringbuch, schon gar nicht mehr mit der Agende.“ Und so stehe die VELKD vor der Frage, „ob und wie sich das Verhältnis von Einheitlichkeit und Vielfalt in Zukunft bestimmen und regeln lässt“.

Meister erinnert daran, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Nichttheologen, die theologisch unterwiesen wurden, mit der Leitung von Gottesdiensten beauftragt werden. Ungeklärt ist im deutschen Protestantismus aber die Frage, wie sich diese Berufung zur Ordination von Geistlichen verhält, die einmalig und in Leben lang gültig ist. Meister weist darauf hin, dass „die Einmaligkeit der Berufung“ gerade „im Dialog mit der römisch-katholischen Kirche wichtig ist“.

In der Aussprache wies der Hallenser Staatskirchenrechtler Michael Germann darauf hin, dass die „Verknüpfung von Verkündigung und Sakramentsverwaltung mit der Leitungsaufgaben“ in der Diskussion über das Verhältnis von Ordination und Beauftragung bisher „nicht geklärt“ worden sei. Und Bischof Meister gab ihm lächelnd recht.

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