Briefvergnügen

Kunstvolle Schreibkultur

Die Briefe der Rahel Varnhagen (1771–1833) sind berühmt. Sie zeugen von einer radikalen Selbstdenkerin, die auf besondere Weise Spontaneität mit Tiefsinn zu verbinden wusste. Damit hat sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts viele Geistesgrößen bezaubert. Dabei war ihr Freiheitswille immer mit Schmerz verbunden: Zeit ihres Lebens litt sie nicht nur unter den Grenzen, die ihr als Frau und Jüdin aufgezwungen waren, sondern auch unter der Borniertheit ihrer Zeitgenossen. Angemessene Einflussmöglichkeiten blieben ihr versagt.

Wie modern sie in ihrer Fähigkeit zur Selbstanalyse war, wie fern uns aber auch heute ihre kunstvolle Briefliteratur gerückt ist, lässt sich mit dem Hörbuch erleben, in dem eine Auswahl ihrer Briefe als Lesung neu aufgelegt worden ist. Es handelt sich um die gekürzte Fassung einer Produktion des rbb (damals: SFB) aus dem Jahr 1985.

Man staunt: Was damals noch im Radio möglich war! Nebenbei hören ist hier unmöglich. Rahels verwinkelte Sätze fordern Konzentration und, um alles zu verstehen, geht es auch nicht ohne Wikipedia. Zusammengestellt wurde die Auswahl klug, aber auch herausfordernd von der Varnhagen-Forscherin Barbara Breysach. Ihr ging es wohl vor allem darum zu zeigen, welch besondere Rolle Rahel für ihre Briefpartner spielte: Kluge Trösterin war sie für den in Ungnade gefallenen Legationsrat Oelsner, der ihre „Weltweisheit“ bewunderte, eine innig Vertraute für die leichtlebige Schönheit Pauline Wiesel, Herzensfreundin und Beichtmutter für den alternden Friedrich Gentz. Es empfiehlt sich, das Briefvergnügen zusammen mit einer Rahel-Biografie zu genießen.

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Angelika Obert

Angelika Obert ist Pfarrerin im Ruhestand in Berlin. Sie war bis 2014 Rundfunk- und Fernsehbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb).


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