
Für das legendäre Harper's Magazine soll David Foster Wallace eine Reportage schreiben. "Eine persönliche Doku-Postkarte", wie er selbst sagt. Und so protokolliert er, wie es ihm während einer siebentägigen Kreuzfahrt durch die Karibik ergeht.
Hört sich nach einer Menge Entspannung auf einem Luxusdampfer an. Doch genau dort liegt der Hase im Pfeffer. Äußerst wach, analytisch genau und mit einer nicht zu leugnenden Boshaftigkeit beschreibt Foster Wallace die Soziologie eines Kreuzfahrtschiffes. Seine Diagnose hüllt er in eine temporeiche Alltagssprache, versetzt mit viel bissigem Humor.
Außergwöhnliche Assoziationen
Der Autor zeigt sich als Meister außergewöhnlicher Assoziationen. Die Nadiriten - wie er die Horde der Passagiere auf der Nadir nennt - und ihr Habitus werden von Wallace gnadenlos seziert, was bei dem Hörer so manches Mal Lachsalven hervorruft.
David Foster Wallace empfindet die Servilität der Kreuzfahrt-Crew als "Verwöhn-Paranoia", die es zu überleben gilt. Er beschreibt seine Ängste, von der per Unterdruck betriebenen Kabinentoilette aufgesogen zu werden, er erzählt von der "zwanghaften Abräumerei" der Stewarts während des Essens und kommt zu der Einschätzung, dass ältere Herren keine Shorts mehr tragen sollten. Viel Wahrheit steckt in dieser gesellschaftlichen Analyse.
Wallace galt als eines der größten Talente amerikanischer Gegenwartsliteratur. Bereits in jungen Jahren nahm er sich das Leben. Der Schauspieler Dietmar Bär versteht es, der brillanten Komik des Textes eine Stimme zu geben.
David Foster Wallace: Schrecklich amüsant - aber in Zukunft ohne mich. Gelesen von Dietmar Bär. 4CDs, der Hörverlag, München 2010.
Constanze Broelemann