Fernglas und Lupe

Neues Generationenhörbuch

Lukas Rietzschel, als junger sächsischer Autor im deutschen Feuilleton hoch gehandelt, ist nach dem aufsehenerregenden Erstling Mit der Faust in die Welt schlagen mit seinem zweiten Roman ein Buch gelungen, das, obgleich thematisch auf der schon etwas ermüdenden Dauerwelle der Generationenromane reitend, durch seine dicht gewebte Story, seine unprätentiöse Sprache und insbesondere durch seinen unverstellten, offenen Blick besticht.

Der Roman verhandelt die Wirklichkeit im erwachenden Danach: im ideologisch aufgekratzten Nachkriegsdeutschland und in den blutig blühenden neuen Ländern nach der Wiedervereinigung. Alle Protagonisten – der Maler Georg Baselitz und sein Bruder ebenso wie die Familie des Krankenpflegers Jan –, angesiedelt in Ostsachsen und in der Oberlausitz, sind Schwebende. Nicht im Barlachschen Sinne, vielmehr entwurzelt, ziellos in einer Zwischenwelt – gleich Raumfahrern, deren Zugehörigkeit nur am Luftschlauch hängt.

Mit Jan richtet Rietzschel sein Fernglas auf sie und entwirft ein spannendes, trotz Fiktion ungemein authentisch wirkendes Gemälde postsozialistischer Befindlichkeit. Dass Christian Riedel dem Roman seine Stimme gibt, ist ein Glücksfall. Einerseits glaubt man zu hören, dass der Magdeburger den Görlitzer wie einen fernen Bruder kennt und ihm seine Sprache bis in die Winkel individueller Bedeutung vertraut ist.

Andererseits verhilft die Musikalität der Diktion Riedels der sparsam mit Adjektiven umgehenden, nüchtern aufwartenden Sprache Rietzschels, der jedes babsche Babbeln fremd ist, zu einem ganz eigenen Strömen, das die spannende Einheit des Textes wahrt und ihm im Hören eine zusätzliche Stärke schenkt, die dieser beim Selbstlesen eher im Schatten mitführt: episches Schweben.

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