Qualität

Biographie über Albert Schweitzer

In seiner neuen Biographie über Albert Schweitzer (1875–1965) beschränkt sich der Straßburger Kirchenhistoriker Matthieu Arnold auf dessen Zeit im Elsass bis zum Jahr 1913. Begründet ist dies in dem Anliegen, den Philosophen, Theologen und Musikwissenschaftler Schweitzer in seiner Bedeutung für unsere Zeit vorzustellen.

Arnolds Darstellung von Schweitzers Elsässer Jahren ist nicht nur spannend zu lesen, sondern auch von den Quellen her bestens fundiert. Nach einer persönlich gehaltenen Hinführung und einer Einleitung über Schweitzer als „Afrikaner und Europäer“ gliedert sich das Buch in drei Teile: „Jahre der Ausbildung“, „Ein ‚Universalmensch‘“ und „Die Berufung“.

Im ersten Teil über Schweitzers Kindheit, Schul- und Studienzeit verdient hervorgehoben zu werden, was wir hier über die Geschichte der 1872 eröffneten Kaiserlichen Universität Straßburg erfahren, wo Schweitzer ein Doppelstudium der Philosophie und Theologie absolvierte.Der zweite Teil ist den „verschiedenen Facetten des ‚Universalmenschen‘ Schweitzer“ gewidmet. Sehr ausführlich behandelt Arnold den Prediger. Haben doch gerade Schweitzers Predigten für Theologie und Kirche ihre inspirierende Kraft nicht verloren. Die beiden folgenden Kapitel – „Privatdozent [für Neues Testament] an der Straßburger Universität und Stifsdirektor“ und „Der Musiker – Spezialist für Bach und Orgelbaukunst“ – zeichnen wichtige berufliche, wissenschaftliche und musikalische Tätigkeiten Schweitzers nach, mit Einführungen in dessen Veröffentlichungen: „Von Reimarus zu Wrede. Eine Geschichte der Leben-Jesu-Forschung“, „Geschichte der Paulinischen Forschung“ sowie das französische und deutsche Bach-Buch.

Meinte Nils Ole Oermann in seiner Biographie von 2010, Schweitzers Gang nach Lambarene damit erklären zu können, dass dessen akademische Zukunft versperrt gewesen sei, gelingt es Arnold, Schweitzers eigene Sicht plausibel zu machen: „Ich habe jahrelang überlegt, hin und her. Zuletzt wurde mir klar, dass dies mein Leben sei, nicht Wissenschaft, nicht Kunst, sondern einfach Mensch werden und im Geiste Jesu etwas Kleines tun …“

Wie es dazu kam, dass Schweitzer seine Karriere als Pfarrer, akademischer Lehrer und Konzertorganist aufgab, um Missionsarzt in Gabun zu werden, wird aufgrund der Korrespondenz Schweitzers sowohl mit der Pariser Missionsgesellschaft als auch mit Helene Bresslau detailliert rekonstruiert. Stellte sich Schweitzer im Jahr 1905 der Pariser Mission ursprünglich als Missionar mit medizinischen Grundkenntnissen zur Verfügung, die er sich anzueignen gedachte, entschloss er sich wenige Monate später wegen der Vorbehalte gegenüber ihm als einem liberalen Theologen zu einem Medizinstudium. Dabei behielt Schweitzer die Absicht bei, „Missionar zu werden, weil er unter Mission weniger an Bekehrung dachte, sondern an ein Handeln im Geist der Liebe Jesu“.

Nach Abschluss des Medizinstudiums, Heirat sowie Fertigstellung der zweiten Auflage der Geschichte der Leben-Jesu-Forschung und der medizinischen Dissertation „Die psychiatrische Beurteilung Jesu“ reiste Schweitzer mit seiner Frau am 21. März 1913 nach Lambarene aus – und zwar mit Hilfe von gesammelten Spendengeldern, um unabhängig von der Pariser Mission zu sein. Ein Epilog gibt einen Überblick über Schweitzers erstes Wirken in Lambarene, dessen Internierung im Ersten Weltkrieg und Neubeginn im französisch gewordenen Straßburg.

Es bleibt zu hoffen, dass der Autor noch einen zweiten Band über Schweitzers Leben von 1913 bis 1965 in gleicher Qualität folgen lässt.

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