Haben sie wirklich verstanden?

EKD-Missbrauchsaufarbeitung: Es muss einen Ruck geben

Es scheint nicht zum Besten zu stehen um die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Raum der evangelischen Kirche. Anscheinend hapert es mit der Umsetzung der verabredeten Maßnahmen, zu denen sich EKD und Diakonie am 13. Dezember vergangenen Jahres in ihrer Vereinbarung mit der Unabhängigen Beauftragten für sexuellen Kindesmissbrauch verpflichtet haben. Kurz nach Ver­öffentlichung der ForuM-Studie, die Ausmaß und systemische Ursachen des Missbrauchs im Raum der EKD untersucht hatte, gelobten EKD und alle zwanzig Landeskirchen in einer gemeinsamen Stellungnahme am 6. Februar: „Wir übernehmen Verantwortung“ und verpflichteten sich, einen „klaren Maßnahmenplan für die evangelische Kirche und Diakonie insgesamt“ zu entwickeln. Von Experten und auch von Betroffenen wird seitdem der auf EKD-Ebene angesiedelten „Fachstelle Sexualisierte Gewalt“ durchaus gute Arbeit attestiert.

Auf der Ebene der Landeskirchen aller­dings scheinen weiterhin sehr unterschiedliche Standards zu herrschen, und vor allem scheint es intern zwischen den Ebenen zu knirschen. Indiz dafür ist, dass kürzlich der Bochumer Rechtsprofessor Jacob Joussen überraschend seinen Rücktritt aus dem Rat ankündigte. Als Begründung nannte er der Tages­zeitung Weserkurier (Bremen) zwar, dass „eine Reihe“ persönlicher und beruflicher Gründe ihn zu diesem Schritt veranlasst hätte. Aber Joussen ließ es sich nicht nehmen, explizit aufzuführen, dass „auch der Umgang der EKD mit der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs“ und „die Art und Weise, wie die Landeskirchen und wie wir alle mit den Ergebnissen der im Januar vorgestellten ForuM-Studie umgehen“ nicht seiner Art entsprächen, „Verantwortung wahrzunehmen“. In diesem Zusammenhang forderte Joussen, der als Experte für kirchliches Arbeitsrecht gilt: „Die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs muss externalisiert werden“, denn eine Institution wie die EKD könne sich „nicht selbst aufarbeiten“. Dies aber scheint innerkirchlich nicht vermittelbar zu sein. Joussen: „Die Beharrungskräfte sind zu groß.“

Zwar betonte daraufhin für den Rat der EKD der hessische Kirchenpräsident Volker Jung, dass die Aufarbeitung „selbstverständlich extern und unabhängig durchgeführt werden“ müsse und diese „Ergebnisse der Aufarbeitung“ dann „sorgfältig und zusammen mit be­troffenen Personen auszuwerten und in konkrete Maßnahmen umzusetzen“ seien, „um einheitliche Lösungen zu gestalten“. Aber es klang nicht danach, als wäre man sich hier wirklich einig. Das ist nicht gut, denn klar ist, dass auf der EKD-Synode im November ein überzeugender Vorschlag einheitlicher Maßnahmen erfolgen muss, um endlich sowohl auf dem Feld der Prävention als auch der Anerkennungszahlungen für Betroffene zu überzeugenden Lösungen zu kommen.

Der Protestantismus rühmt sich vielfach mit Recht seiner Vielfalt. Aber auf dem Feld der Missbrauchsbewältigung gilt es jetzt, auch gegenüber der Öffentlichkeit wirklich zu überzeugenden einheit­lichen Lösungen zu kommen, ja, es sollte bald ein Ruck durch die EKD-Kirchen gehen, denn die Zeit drängt!

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