Am Lagerfeuer

Perfekte Spiellaune im Dialog

Die Mixtur Trompete-Gitarre hat etwas Urvertrautes, auch wenn sich die Balance im Vergleich zum Trompete-Orgel-Duo im europäischen Barock im Ohr erst einmal neu justieren muss. So oder so entsteht sofort eine Vorstellung, die beide Instrumente schnell per Du sein lässt – da der melodiöse Lichtstreif, dort die rhythmisch-akkordische Landschaft, der Raum, den der andere strahlend beflügelt. So, aber längst nicht nur so, begegnen sich Nils Wülker (Trompete, Flügelhorn) und Arne Jansen (Electric & Acoustic Gitarren). Dabei hält es der eine ganz mit seinem herrlich langen Taucher-Atem, auf dem er wie ein Adler durch die Lüfte zieht, der andere neben seiner rhythmischen Präzision und exzellenten Fingerfertigkeit bei fortwährend schwebeleichter Harmonie-Phantasie zusätzlich mit ausgefeilten Effekten per Harmonizer, Delays, Loops et cetera, sodass ihre bei Bach und Purcell noch zugewiesenen Rollen mitunter wundersam zu wechseln scheinen und man sich wünscht, solcherlei Dialogführung möge die Welt bestimmen.

Closer heißt das Album der beiden Jazzer, die sich ein gefühltes halbes Leben kennen und jetzt noch einmal näher rücken – zueinander im Spiel, miteinander ans Ohr. Dabei weiß das bei den ersten Stücken erst einmal gar nicht, ob es noch näher ran oder doch lieber ein Stück weg will vor ungläubigem Staunen. Gleich mit dem Auftaktsong „Hurt“, ursprünglich von Trent Reznor (Nine Inch Nails), später von Johnny Cash gecovert, stellt Arne Jansen einen durch Distortion, Reverbs und Delays cool wie Schritte auf weites freies Land gesetzten, dabei immer filigraner werdenden Sound vor, der intensiver kaum sein könnte und offenbart, welche Freiheit jede neue Coverversion haben und auch ohne Text diesen verdichten kann. Abgesehen von Ry X. weich federndem „Ya Ya Ya“ und Paul G. Buchanans blaustundigem „Let’s go out tonight“ am Ende des Albums finden sich ansonsten lauter feine, exzellent ausbalancierte Eigenkompositionen, die beiden Musikern allen Raum geben, ihr Können und ihre Spiellaune im Dialog unter Beweis zu stellen.

Besonders sind das funkig-frische „Deep Dive“ von Nils Wülker, in dem es zu herrlichen Wechseln der Soli kommt – wunderbar luftig Nils Wülker, Santana-like Arne Jansen –, und „He Who Counts The Stars“ von Arne Jansen, in dem dieser sein Gespür für nuancenreich weiträumigen Sound noch einmal potenziert und eine Stimmung zelebriert, die dem Titel alle Ehre macht.Und dann ist da noch „Beyond The Bavarian Sky“ – so pur, so frei und träumerisch weit –, zwei Männer und zwei Instrumente unplugged: Flügelhorn und Akustikgitarre. Diese Lagerfeuer-Konstellation präsentieren beide auch mit „It Won’t Be Long“ ungemein duftig. Aber „Beyond The Bavarian Sky“ ist noch ein Sternefunkeln mehr: Im Titel eine Hommage an „Beyond The Missouri Sky“ von Charlie Haden und Pat Metheny und ein Credo auf die Vollkommenheit zu zweit.

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