Praktisch

Kirche im Gemeinwesen

Ein Buch zur richtigen Zeit. Der Diakon und Sozialpädagoge Fritz Blanz fragt gezielt nach den Möglichkeiten von Kirche und Diakonie in der postsäkularen und gleichzeitig „superdiversen“ Gesellschaft. Er knüpft dabei an seine Erfahrungen als Referent für Internationale Diakonie beim Diakonischen Werk Bayern an. Ausgangspunkte seiner Überlegungen sind das neue, erweiterte Europa und seine Mitarbeit bei einer Solidaritätsgruppe (Conviviality Group) des Lutherischen Weltbundes.

Die aus diesen internationalen Diskussionen entstandenen Impulse für die Gemeinde- und Gemeinwesendiakonie fasst er unter dem Begriff der Konvivenz oder der Konvivialität zusammen. Seine grundlegenden Überlegungen zum Menschenbild betonen, dass der Mensch dialogisch angelegt sei, eine persönliche Geschichte habe, verbriefte Rechte und Kompetenzen habe und dass seine Würde unantastbar sei, weil er eine Schöpfung Gottes ist. Als solcher sei er auf eine konviviale Gemeinschaft angewiesen.

Den Begriff der Konvivialität erläutert er chronologisch: von der Urchristengemeinde über die Epoche der Convivencia im spanischen Andalusien, über die diakonischen Aspekte der Reformation bis ins 20. Jahrhundert, wo Autoren wie Ivan Illich („Tool for Conviviality“), Paulo Freire („Pädagogik der Unterdrückten“), Theo Sundermeier (Konvivenz) bis zum „Konvivialistischen Manifest“ europäischer Sozialwissenschaftler diesen Gedanken aufgreifen und weiterführen.

In einem zweiten Teil bezieht er diese Gedanken dann ausführlich auf die konkreten Themen und die Praxis einer diakonischen Kirche, ausgehend von den sieben Werke der Barmherzigkeit.

Vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen wie Klimawandel, Flucht und Migration entwickelt er praktische Perspektiven. Er plädiert – in Anlehnung an Bonhoeffer und gleichzeitig über ihn hinaus – für eine Kirche nicht nur „für“, sondern „mit andere(n)“. Dabei entwickelt er die Vision einer „teilenden Gemeinschaft“, die „Machtstrukturen“ wenn nötig problematisiert und „Selbstermächtigung“ fordert wo nötig, wenn „Gemeinwohlorientierung“ oder Gerechtigkeit gefährdet ist. Er kritisiert eine Wirtschaft, die lediglich auf Profit aus ist und den Menschen keinen Nutzen schafft. Er fordert ein radikales Willkommen, Eintreten für Gerechtigkeit und ein beherztes Umgehen mit der neuen Vielfalt. Konvivenzgemeinschaften sind solche, die Vertrauen, Verantwortung und Versöhnung verwirklichen.

Es sei allen Mitarbeitenden in Kirche und Diakonie empfohlen, die an der Gestaltung des Zusammenlebens und einer gerechten Zukunft interessiert sind.

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