Gesprächsstoff

Gläubige Menschen leben besser

Eine große Hoffnung gleich zu Beginn. Der emeritierte Professor für Systematische Theologie, Wilfried Härle, hofft, dass sein neues Buch über den christlichen Glauben seinen Patensohn Arne, wohl gerade konfirmiert, einmal in seinem Glaubensleben begleiten und zugleich Gesprächsstoff zwischen Patensohn und Paten ermöglichen wird.

Ein Professor für Systematik geht das Projekt Glaube systematisch an. So wird zunächst einmal das Wort „Glaube“ auf seinen semantischen Inhalt untersucht. In den folgenden neun Kapiteln seines kleinen Katechismus kommt Härle bereits im zweiten Kapitel auf den Punkt, von dem er aus dann das weitere Denken entfaltet. „Christlicher Glaube als lebenstragendes Vertrauen auf Gott.“

Wer vom Glauben redet, redet von Gott. Aber was meinen die Menschen damit? Wer vom Glauben redet, muss auch vom Zweifel reden und darüber, ob Glaube ein „Nichtzweifeln“ ist. Wer vor Zeitgenossen seinen Glauben bekennt, muss auch von der Vernunft reden – oder genauer vom Verhältnis der beiden zueinander.

Christlicher Glauben wurzelt in der Schrift. Also geht es um den Glauben in der biblischen Überlieferung. Um den Glauben geht es auch in der reformatorischen Theologie, für Härle in erster Linie um die Theologie Luthers. Weil Glaube nie allein für sich steht, sondern nach Gemeinschaft verlangt, ist die Rolle der Kirche zu reflektieren und abschließend auch das Verhältnis zum Glauben in anderen Religionen.

Kleiner Katechismus habe ich das ganze Buch für mich persönlich genannt. Doch zwei Kapitel fallen aus dem Rahmen eines kleinen Katechismus. Da ist zum einen die Darstellung des Glaubens in biblischer Überlieferung. Hier hält Härle keine Bibelarbeit fürs protestantische Bildungsbürgertum ab, sondern erzählt vom Glauben von Personen: Abraham und Sara, Hiob, Jesus Christus und Paulus. Dabei werden zwar die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt, aber die Darstellung des Glaubens dieser biblischen Personen geschieht in einer Art und Weise, dass beim Lesen zusätzlich im Inneren ein eigener, persönlicher Film abläuft: Und bei mir? Was glaube ich?

Ungewöhnlich für ein theologisches Buch auch das Kapitel „Entstehung und Entwicklung des Glaubens in der Lebensgeschichte“. Glaube ist nichts Statisches, er entwickelt sich. Er kann auch verschwinden. Hier greift Wilfried Härle auf die Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie zu. Ein kindlicher Glaube muss erst einmal entstehen können, um sich überhaupt durch Lebenskrisen – die Pubertät eines Konfirmanden ist nur eine davon – zu entwickeln. Oder zu verschwinden. Und wieder geht es parallel um die Frage: Wie war meine Glaubensentwicklung?

Für mich ist ein kleiner Katechismus etwas Positives. Mit diesen beiden beschriebenen Kapiteln wird aus dem Buch ein persönliches Glaubensbuch, das mich meinen eigenen Glauben reflektieren lässt. Wenn Glaube Vertrauen ist, dann muss dieses Vertrauen erst einmal gewachsen sein. Schon bin ich in meiner eigenen Biografie. Härle macht klar, dass Glauben kein Für-richtig-Halten von Glaubenssätzen ist, sondern ein lebenstragendes Vertrauen auf Gott. Vertrauen aber ist immer auch Beziehungsarbeit. So ist und bleibt das Verhältnis zu Gott dynamisch. Und der Vergleich mit dem Glauben biblischer Personen wird dann ganz intim. So wie die beiden Geschichten über den Glauben, mit dem Härle sein Buch abschließt.

Für mich als Konfirmand wäre das alles schwere Kost gewesen. Dem Patensohn Arne ist zu wünschen, dass er das Buch in garantiert kommenden Glaubenskrisen zur Hand nimmt und seinem Paten mindestens eine WhatsApp schreibt

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