Nötig zu wissen

Der Heidelberger Katechismus
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Wesentlich Nicht-Reformierte stellen sich den Aussagen des Heidelberger Katechismus. Es sind Neuentdeckungen, vor allem im Predigtteil. Ergänzt wird dieser durch Texte zum Historischen Kontext, theologischen Profil und zur katechetischen Praxis.

Reizvoll zu lesen ist dies Buch einmal, weil es sich beschränkt: Es enthält Beiträge von Autorinnen und Autoren, die an der Theologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Theologie lehren. Diese Beschränkung hat zur Folge, dass wesentlich Nicht-Reformierte sich den Aussagen des Heidelberger Katechismus stellen, was den Reiz des Lesens in diesem Fall deutlich erhöht. Es sind Neuentdeckungen, vor allem im Predigtteil. Der macht den größten Teil des Buches aus und dokumentiert, was im vergangenen Sommersemester in den Universitätsgottesdiensten gepredigt wurde.

Ein anderer Reiz des Buches besteht darin, dass die Herausgeber es nicht dabei belassen haben: Ergänzt werden die Predigten einmal durch einen Text von Christoph Strohm "Der Heidelberger Katechismus. Historischer Kontext und theologisches Profil". Wer lesen will, was man heute zur Entstehung, zum historischen Kontext des Heidelberger Katechismus wissen kann und weiß, der ist mit diesem Aufsatz sehr gut bedient. Strohm versteht den Katechismus als "herausragende(s) Dokument der kurpfälzischen Kompromisstheologie", mit "genügend Profil ..., um richtunggebend zu wirken". Einleuchtend beschreibt er, wie die Mitarbeit gerade auch der Superintendenten und Prediger der westeuropäischen Flüchtlingsgemeinden, die in den Sechzigerjahren des 16. Jahrhunderts in der Kurpfalz Zuflucht fanden, im Einbinden der verschiedenen reformiert-reformatorischen Akzente an Gestalt gewann. Auf ihren Einfluss führt er auch die massive Abgrenzung des Katechismus gegenüber dem tridentinischen Katholizismus zurück. Strohm beschreibt als Zielsetzung des Heidelberger Katechismus sodann, "die von Luther geleistete Reformation der Lehre durch eine Reformation des Lebens zu vollenden" - eine angemessene und sehr schöne Beschreibung dessen, was als reformiertes Interesse nicht nur für die Reformationszeit benannt werden kann.

Katechetische Praxis

Reizvoll sind dann auch die so genannten Ergänzungen: Die Religionspädagogin Ingrid Schoberth setzt sich hier mit der katechetischen Praxis des Katechismus auseinander. Sicher für manchen überraschend gewinnt sie diesem erst einmal fremden Text durchaus Qualitäten ab. Sie zeigt an drei inhaltlichen Aspekten, dass der Heidelberger Katechismus grundsätzlich das didaktische Problem teilt, dass "die Lernenden in die ihnen überwiegend fremde Welt der Lehre ... allererst hineinzugehen lernen müssen". In drei entsprechenden "Perspektivwechseln" gibt sie jeweils positive Hinweise, wie das bei den genannten Aspekten ansatzweise gelingen kann.

Nicht nur für bibliophil Interessierte ein "Schmankerl" sodann: Johannes Ehmanns Hinweise auf "Vier bedeutende Exemplare des Heidelberger Katechismus aus der Theologischen Fakultät Heidelberg". Vielleicht macht das Besucherinnen und Besuchern der Heidelberger Ausstellungen zum Katechismus Lust, auch der Bibliothek des Theologischen Seminars einen Besuch abzustatten.

Ein Hinweis, besser: eine Frage zum Schluss, im Anschluss an den Predigtteil, der sich der durchaus anstrengenden Aufgabe stellt, Fragen des Katechismus zu predigen. Durchweg gilt, dass die Predigten anregend zu lesen sind. Fast durchweg gilt auch, dass sie homiletisch gewissermaßen die Frage aus Frage eins des Katechismus reflektieren: "Was ist dein einziger Trost ...?"

Sie wenden sich an die Gemeinde als Gemeinde von Individuen, die auf ihren Glauben anzusprechen sind. Natürlich ist das ein gängiger und angemessener homiletischer Weg. Nur hier und da blitzt auf, was im Anschluss an die Antwort aus Frage eins zu überlegen wäre: Wie denn Predigten homiletisch zu reflektieren sind, die von dem Gedanken der in Christus versammelten Gemeinschaft der Heiligen ausgehen, welche die Einzelnen gewissermaßen vorauslaufend immer schon als Teil einer christologisch begründeten Sozialität sehen. Allerdings ist dieser Hinweis überhaupt nicht als Kritik gemeint, vielmehr als Frage des Rezensenten, wie denn so etwas wie eine "reformierte" Homiletik aussehen könnte, wenn es sie denn gibt.

Helmut Schwier/Hans-Georg Ulrichs (Hg.): Nötig zu wissen. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2012, 199 Seiten, Euro 19,-.

Jörg Schmidt

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