Profi für Profile

Punktum
Foto: Rolf Zöllner

Die Coolsten in den Krimis sind für mich: die Profiler. Das sind die, die sich Bilder vom Tatort anschauen und in Sekundenschnelle ein Täterprofil erstellen. Mit Intuition, Prädikatsexamen in Psychologie und viel Erfahrungen mit menschlichen Abgründen ausgerüstet sehen sie hinter dem Sichtbaren so viel mehr als wir Normalos.

Ich übe mich als angehender Profi-Profiler auf Facebook und betrachte die Profilbilder meiner Netzwerkfreunde. Da gibt es zum Beispiel diejenigen, die statt des eigenen Gesichtes das eines Promis zeigen und sich als Frank Zappa oder Kermit der Frosch in der Blase zu Wort melden. Völlig klar, totaler Minderwertigkeitskomplex, sie wären gern jemand anderes. Bedauernswert, aber harmlos.

Viel gefährlicher scheinen mir die zu sein, die sich gemeinsam mit Ihren Kindern auf den kleinen Rundling pressen und glückliches Familienleben zur Schau tragen. Seht, ich bin ein guter Vater, eine liebende Mutter, so lautet die Botschaft. Aber warum muss das so betont werden? Flieht da jemand vor seinen negativen Gefühlen in die Papa-Pose? Was passiert, wenn das Fass überläuft? Au weia …

Bleiben noch diejenigen, die einfach nur ein Bild von sich nehmen, Selfie mit dem Handy, scheinbar ganz natürlich und normal. Aber Vorsicht: Wer sein Bild alle paar Tage auswechselt und sich mit Filtern zuklatscht, bis er oder sie aussieht wie Cher oder Wolfgang Joop, leidet nicht nur unter innerer Unruhe, sondern wahrscheinlich auch unter dem Dorian-Gray-Syndrom: Kann einfach nicht älter werden. Das gilt übrigens auch für diejenigen, die ein Kinderfoto von sich aus dem vergangenen Jahrhundert präsentieren. So süß, aber auch sehr verdächtig!

Alle die, die nun meinen, sie seien mit dem alten Passfoto, das seit Jahren immergleich aus dem Display lächelt, auf der sicheren Seite, seien gewarnt! Der Profiler weiß: Das Böse versteckt sich am Liebsten im vermeintlich Normalen. Ich bin Euch auf der Spur … aber erst muss ich mein Profilfoto löschen. 

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Foto: Rolf Zöllner

Stephan Kosch

Stephan Kosch ist Redakteur der "zeitzeichen" und beobachtet intensiv alle Themen des nachhaltigen Wirtschaftens. Zudem ist er zuständig für den Online-Auftritt und die Social-Media-Angebote von "zeitzeichen". 


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