First World Problems

Punktum

Der grauenhafte Krieg in der Ukraine bestimmt die Schlagzeilen. Darf man in diesen Tagen überhaupt andere Nöte und Problem ansprechen als die, die sich um diesen Konflikt ranken? Ist es nicht per se ein Ärgernis, wenn ich in dieser bewusst augenzwinkernden Rubrik, die in diesen Zeiten sowieso  höchstens „teilzwinkern“ dürfte, meine blöden, läppischen Bahngeschichten ausbreite? Sind es nicht eh oft Dinge, die viele mit Recht als absolute „First World Problems“ geißeln? Natürlich, es ist so.

Komisch nur, wenn dieser Themenkreis mit dem vorherrschenden eine seltsame Allianz eingeht. Kürzlich im ICE in der Ersten Klasse: Zwei junge  ukrainische Frauen um die 30 steigen mit zwei drei- bis vierjährigen Kindern in Berlin Hauptbahnhof ein, freuen sich über die freie Tischgruppe vor mir und setzen sich. Wie schön! Bald hinter Spandau durchzuckt es mich: „Die dürfen zwar umsonst in Fernzügen fahren, aber sicher nicht Erste Klasse … wie schlimm wäre es, wenn diese Menschen jetzt als erstes in Deutschland wieder von ihren Plätzen vertrieben würden. Ah, ich werde dem Schaffner sagen, dass ich …“ – Sch … da kommt er schon, lässt sich von den Frauen die ukrainischen Pässe zeigen und sagt dann sehr freundlich, aber bestimmt auf Deutsch: „Bitte gehen Sie in den nächsten Wagen in die Zweite Klasse!“ Die Frauen lächeln freundlich und nicken – garantiert haben sie nichts verstanden.

Dann kommt er zu mir, ich zeige meinen Fahrschein und sage dann: „Bitte, ich weiß, eigentlich dürfen die Herrschaften nur in der Zweiten Klasse reisen, aber ich möchte gerne den Aufschlag bezahlen, dass sie bitte, bitte bloß hier sitzenbleiben dürfen. Außerdem glaube ich, dass sie Sie sowieso nicht verstanden haben.“ Da lächelt der Schaffner und sagt: „Das will ich stark hoffen …“ und geht weiter. Abbusseln hätte ich ihn können … aber ja, ich weiß, geht wegen der pandemischen Lage nicht

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