Lecker hören

Neues von Simon Höfele & Co

Was Till Brönner im Jazz erreicht hat, traut man dem über zwanzig Jahre jüngeren Trompeter Simon Höfele in der Klassik zu: eine steile Karriere, die bereits bravourös Fahrt aufgenommen hat. Dazu bringt er nicht nur hohe technische Kunstfertigkeit und einen exzellent variablen Ton, sondern eine äußerst reife musikalische Vorstellung mit, die sich eigenwillig und selbstbewusst zu positionieren weiß. Dass in dieser Vorstellung die Grenze zwischen Klassik und Jazz ein überkommenes Postulat ist, stellt er hier unter Beweis. Dazu hat er sich mit einem Bruder im Geiste verbunden: Frank Dupree, Pianist, Komponist und Kopf des nach ihm benannten Jazz-Trios mit Jakob Krupp (Bass) und Obi Jenne (Schlagwerk).

Süß und salzig kommt die CD mit einer gelungenen Auswahl von Jazz-Standards und im Ursprung groß orchestrierter Highlights von George Gershwin und Leonard Bernstein daher. Eher salzig, körnig wirken dabei die letztgenannten, für Trompete, Klavier und das feinnervig agierende Goldmund Quartett arrangierten Werke und Daniel Schnyders virtuos anspruchsvolle Trumpet Sonata in ihrer kammermusikalischen Reduktion und intellektuell buchstabierten Raffinesse. Die hoch konzentrierte Präzision, mit der hier alle zu Werke gehen, jede Vortragsbezeichnung deutlich hörbar machen und sich damit unweigerlich im Konzertsaal verorten, lässt zunächst ganz die klassischen Musiker zum Vorschein kommen – die Meister der Umsetzung, der Interpretation.

Aber wie gelingt der Weg von dort in die Bar, zum cremigen Jazz-Caramel? Wie von der Akkuratesse zum freien Spiel, zur Lebendigkeit der Improvisation? Gilt im Frack die detailgenaue Umsetzung der Partitur als Maßstab aller Dinge, ist es im Smart Blazer ein Unding, eine Phrase an zwei Abenden gleich zu spielen oder die Hookline von Kolleg:innen zu übernehmen. Inspiration und Improvisation als wegweisende Irritation in ein freies musikalisches Verständnis machen hier die Meister. Simon Höfele und Frank Dupree gelingen Orts- und Kleiderwechsel gekonnt mit einem kleinen Kunstgriff: Sie folgen dem Pfad der Freiheit durch die Mitte mit einem überzeugenden Sowohl-als-auch. Auf den Wurzeln ihrer Tradition greifen sie zunächst sehr genau auf Chet Baker und Miles Davis zurück, aber ihre Interpretationen sind dann doch deutlich mehr als Kopien. Das liegt einerseits an Höfeles Trompete, die dem Jazz in seiner Melange aus Streitlust und Schmelz immer eine pointiert barocke Körperlichkeit mitgibt, andererseits an der wunderbaren Einbettung in das Dupree-Trio, in der Jakob Krupps lebendiger Bass wie der Spazierstock in den Händen Charlie Chaplins schwingt. Die Platte hat was. Und davon eine ganze Menge!

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