Fundgrube

Globale Gemeindeentwicklung

Ein Praktiker liest eine Dissertation anders als ein Professor im elitären Umfeld einer Universität. Als Gemeindegründer und Pfarrer habe ich das Buch verschlungen. Das Herausragende und Besondere dieser Arbeit ist: Hier schreibt nicht einfach ein theologischer Schreibtischtäter: Felix Eiffler war als Jugendlicher, also vor und in seinem Theologiestudium, Mitglied eines Leitungsteams, das eine Gemeinde im Berliner Osten gründete. Er kommt also aus der missionarischen Praxis. Und: Als Berliner hat er einen wachen Blick für die Herausforderungen einer säkularen Metropole. Die Kenntnis urbaner Lebenswelten und die Sensibilität für großstädtische Lebensformen bilden das Hintergrundrauschen der Dissertation. Ferner stellt sich Felix Eiffler einem Thema, das für die Zukunft des Christentums weltweit von einer ungeheuren Wichtigkeit ist, nämlich wie die Kirchen arbeiten müssen, um in den urbanen Zentren eine positiv prägende Größe zu werden. Immer mehr Menschen leben in großstädtischen Ballungsräumen. Auch in Deutschland wachsen die Städte. Die Kirchen sind vor völlig neue Aufgaben gestellt, auf die sie kaum vorbereitet sind. Kirche hierzulande arbeitet immer noch im alten volkskirchlichen Setting, das in der neuen Situation nicht mehr funktioniert.

Felix Eiffler stellt sich dem Problem der Gemeindeentwicklung unter spätmodernen urbanen Bedingungen. Er liefert damit einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit der Kirchen und damit des christlichen Glaubens hierzulande und darüber hinaus. Wer es geschafft hat, der Dissertation bis zum Schluss die Treue zu halten trotz des langweiligen Einstiegs zum methodischen Vorgehen, wird reich belohnt. Zunächst wird der Leser und die Leserin in das weite Feld der Stadtsoziologie geführt, um dann zu der Frage geleitet zu werden, welche missionstheologischen Konsequenzen sich daraus für die Arbeit der Kirche ergeben. Dabei werden verschiedene theologische Konzeptionen durchdekliniert. Theologiefreaks kommen hier voll auf ihre Kosten. Ausgehend von den vier Dimensionen von Kirche (Zeugnis, Anbetung, Gemeinschaft und Diakonie) stellt die Dissertation drei Modelle urbaner Gemeindeentwicklung vor im Kontext deutscher Bedingungen.

Nicht nur für Praktiker ist dieser letzte Teil der Arbeit eine Fundgrube. Felix Eiffler lotet die Chancen und Grenzen bisheriger Ansätze kirchlicher Arbeit in urbanen Räumen aus und eröffnet und diskutiert neue Wege wie zum Beispiel Citykirchen und neue Ausdrucksformen von Kirche (fresh expressions of church). Eindrücklich ist, wie Felix Eiffler Tradition und Innovation zusammenführt. Da sind einerseits die total veränderten Bedingungen der Großstadt, welche die Neuformatierung kirchlicher Arbeit zur alternativlosen Notwendigkeit machen. Gleichzeitig hat er aber auch die gegenwärtige Kirche im Blick mit ihrem Erbe, ihren Traditionen und ihrem Kirchenrecht, das zu einer Zeit geformt wurde, als noch ganz andere Bedingungen für diese ehrwürdige Institution bestanden. Das macht die vorliegende Dissertation nicht nur spannend, sondern vor allem relevant für eine Zeit, in der die Kirchen neu aufbrechen müssen, um nicht zu einem marginalen Randphänomen in der Gesellschaft zu verdorren.

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