Ringen um den Frieden

Anfang Oktober treffen sich in Lindau wieder religiöse Führungsfiguren aus aller Welt
"Ring for Peace"-Konferenz 2019 in Lindau
Foto: epd
Eine Szene der Konferenz im Jahr 2019, als sich die Religionsvertreter aus aller Welt zum ersten Mal in Lindau trafen.

Am Bodensee werden zum dritten Mal führende Köpfe der Weltreligionen zusammenkommen, um den Frieden in der Welt zu fördern. Dabei gibt es in Lindau Anfang Oktober offizielle und inoffizielle Gespräche – und einiges spricht dafür, dass die inoffiziellen vielleicht die von besonderer Bedeutung sind.

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass die wichtigsten Gespräche am schönen Bodensee nie öffentlich werden – und das ist wohl gut so. Vom 4. bis 7. Oktober dieses Jahres treffen sich in Lindau zum dritten Mal der „World Council of Religious Leaders“, eine Art Exekutivrat der Organisation „Religions for Peace“ (RfP). Die internationale Nicht-Regierungsorganisation mit Sitz in New York wurde 1970 gegründet und ist heute mit fast hundert Mitgliedsverbänden aus hundert Ländern die weltweit größte Allianz religiöser Gemeinschaften. Auf der viertägigen Konferenz wird der RfP-World Council den Dialog suchen mit Vertreterinnen und Vertretern aus Religionen, Politik und Zivilgesellschaft. Zugegen sein werden unter anderem Anna-Nicole Heinrich, die neue Präses der Synode der EKD, und die frühere EKD-Ratsvorsitzende und ehemalige Hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann.

Zentrales Thema der diesjährigen Konferenz soll der Dialog der Generationen zu Fragen von Frieden und Sicherheit, Umweltschutz und humanitärer Arbeit sein. Wegen der Corona-Pandemie werden dabei nur etwa 120 Vertreter und Vertreterinnen aller großen Religionsgemeinschaften, aus der Zivilgesellschaft, von Regierungen und internationalen Institutionen in Lindau sein. Circa 800 Teilnehmende aus aller Welt werden sich voraussichtlich virtuell beteiligen. Ein großer Teil des Programms wird via Live-Stream übertragen. Die Konferenz wird von der „Ring for Peace - Stiftung Friedensdialog der Weltreligionen und Zivilgesellschaft“ organisiert und im Wesentlichen finanziert durch das Referat Religion und Außenpolitik des Auswärtigen Amtes in Berlin.

Inoffizielle Ebene

Während das erste Treffen in Lindau 2019 mit rund 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern trotz einer Eröffnungsrede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eher als eine Auftaktveranstaltung dieses Formats in Deutschland gesehen werden kann, war das zweite Treffen mit den Schwerpunktthemen „Frauen, Glaube und Diplomatie“ 2020 inhaltlich etwas profilierter – und nicht zuletzt Margot Käßmann spielte dabei eine herausragende Rolle. Allerdings musste die aufwändig geplante Zusammenkunft wegen der Pandemie praktisch ausschließlich virtuell stattfinden. Immerhin haben sich dennoch etwa 1.600 Menschen dauerhaft online in die Konferenz eingeklickt. In öffentlichen und nicht-öffentlichen Gesprächsrunden vernetzten sich wichtige religiöse Führungsfiguren aus aller Welt, und die Friedensthematik ist dabei immer zentral.

Interessant ist, dass bei diesen Treffen über die religiöse Schiene Gespräche über Konflikte stattfinden können, die sonst auf offizieller Ebene im Dialog kaum angepackt werden könnten. Das geht bis zu so genannten non-meetings, bei denen man sich trifft und redet, aber nichts offiziell nach außen dringen darf, ja die Existenz des Gesprächs selbst eher abgestritten würde, eine diplomatische Finesse für besonders heikle Kontakte. Es sind zugleich Gesprächsfäden und -treffen, die auch ergebnislos enden oder abgebrochen werden können.

DNA-Test für Vergewaltigungsopfer

Wolfgang Schürer, der Vorsitzende von „Ring for Peace“, erwähnt etwa Treffen zur Befriedung der Lage in Myanmar, das seit etwa einem halben Jahr unter der Unterdrückung einer Militärjunta leidet. Dieser Dialog, so Schürer, sei „nur noch ein Schatten seiner selbst“. Die Zurückhaltung der Organisatoren des Lindauer Treffens geht so weit, dass in den vergangenen Jahren noch nicht einmal eine vollständige Liste aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorlag – ebenfalls mit der Absicht, manche Gespräche sehr vertraulich und in völliger Anonymität führen zu können.

Öffentlich sind dagegen mehrere Projekte des „Ring for Peace“. So wird derzeit in Afrika etwa ein einfach zu handhabender DNA-Abstrich entwickelt und erprobt. Es ist ein Test, mit dem Vergewaltigungsopfer dann selber beweiskräftig und gesetzessicher die DNA ihres Missbrauchstäters festhalten und sichern können sollen. Die „Religions for Peace“ und der „Ring for Peace“ säen mit diesem Projekt und den offiziellen (und inoffiziellen) Gesprächen Anfang Oktober in Lindau Bäume, die vielleicht erst Jahre später Früchte tragen werden. Und manche wird man offiziell vielleicht nie mit der schönen Stadt am Bodensee in Verbindung bringen.

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