Gras des Vergessens

Eine Familiengeschichte

Wie eine Sense rauscht die Sprache durch das Gras des Vergessens. Wie ein Buschfeuer zieht die Erinnerung erlösend darüber hinweg. Transgenerative Traumata sind allgegenwärtig – ihre Mechanismen werden zunehmend erforscht. Die Annahme, Schweigen schütze die Nachkommenden, entlarvt sich selbst zunehmend als Trugschluss. Denn das Gegenteil ist der Fall. Und den Nachkommen ist die Last zu schwer. So auch in diesem, das 20. Jahrhundert mit Liebe und Verrat, Krieg und Kommunismus, Hoffnung und Verzweiflung noch einmal aufwühlend aufblätternden Roman von David Grossman.

Drei Frauen – Vera, ihre Tochter Nina und ihre Enkelin Gili – ringen mit der Zeit und den darin eingeschnürten Geschehnissen: den Erlebnissen der Großmutter Vera während der Inhaftierung durch die jugoslawische Geheimpolizei unter Tito, ihre in Kauf genommene Trennung von der sechseinhalbjährigen Tochter, die Monate auf der kroatischen Gefängnisinsel Goli Otok. Dazu wollen die drei Frauen kurz nach Veras 90. Geburtstag auf Beschluss ihrer Enkelin Gili noch einmal nach Goli Otok fahren, dort einen Film drehen und die fehlenden Puzzleteile der Familiengeschichte zusammensetzen.

Alles mitunter sehr dramatisch, das mit kurzweiligen Dialogen von David Grossman Erzählte beruht auf der Geschichte der kroatischen Kommunistin Eva Panić-Nahir (1918 – 2015). Ihr gibt Maria Hartmann eine ungemein suggestive, bis in jede Atempause hinein authentisch im Geschehen stehende Stimme. Den großen Part der erzählenden Enkeltochter Gili meistert mal rau, mal zart – immer berührend direkt – Julia Nachtmann. Fliegend vergehende Stunden.


 
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