„Man muss die Nerven behalten“

Gespräch mit dem Heidelberger Theologen Michael Welker über seine umfassenden, multiperspektivischen Forschungen zur Kraft des Heiligen Geistes in Bibel und Gesellschaft
Ausgießung des Heiligen Geistes. Buchmalerei, Florenz um 1500.
Foto: epd/Orsi Battaglini
Ausgießung des Heiligen Geistes. Buchmalerei, Florenz um 1500.

zeitzeichen: Herr Professor Welker, seit Jahrzehnten steht das große Thema „Gottes Geist“ im Zentrum Ihres theologischen Forschens und Lehrens, es ist eines Ihrer Lebensthemen geworden. Als Student in Heidelberg habe ich das Anfang der 1990er-Jahre in Ihren Vorlesungen mitbekommen. Was ich von damals vor allem in Erinnerung behalten habe, war dies: „Halt, Heiliger Geist ist etwas ganz anderes und viel mehr, als wir bisher gedacht haben!“

MICHAEL WELKER: Ja, so ist es. Meine ersten eigenen inhaltlich-theologischen Vorlesungen konzipierte ich in den 1980er-Jahren aber über das Thema „Gesetz und Evangelium“. Mein Anliegen war es, eingespielte theologische Leitabstraktionen zu überprüfen, die ich nicht überzeugend fand. Das wichtige Begriffspaar „Gesetz und Evangelium“ hat ja in der Theologie weitere abstrakte Denkfiguren wie etwa „Forderung und Gabe“, „Indikativ und Imperativ“ nach sich gezogen, die ich eher irreführend fand.

Wie kamen Sie dazu, Leitabstraktionen anzuzweifeln, die ja in der Theologie gang und gäbe sind?

MICHAEL WELKER: Dazu hat mich die intensive Beschäftigung mit dem sogenannten Prozessdenken geführt. Angeregt von Jürgen Moltmann, forschte ich – vor dem Aufkommen des Internets – 1977 für mehrere Monate an verschiedenen Hochschulen in den USA, um das Werk des Mathematikers und Philosophen Alfred North Whitehead und seine Ausstrahlung auf die sogenannte Prozesstheologie kennenzulernen. Whitehead war 1947 verstorben. Sein Werk wurde in Europa kaum rezipiert. Die Tübinger Universitätsbibliothek besaß zu Beginn meiner Beschäftigung damit gerade mal ein Buch von Whitehead – es war eine österreichische Übersetzung von „Wissenschaft und moderne Welt“. Nach meiner Rückkehr übergab ich der Bibliothek dann eine Liste mit über vierhundert Titeln, die, wenn ich nicht irre, alle angeschafft wurden.

 
Was war denn das Neue, das Sie in derBeschäftigung mit Whitehead gelernt haben?

 

MICHAEL WELKER: Eine wesentliche Beobachtung von Whitehead war, dass wir auf die Welt mit unterschiedlichen Denkformen zugehen, beispielsweise mit spezifisch mathematisch-naturwissenschaftlichen, historischen, kulturwissenschaftlichen und eben auch theologischen Denkformen sowie nicht zuletzt mit dem, was man landläufig gesunden Menschenverstand nennt. Mit diesen Denkformen meinen wir, Wirklichkeiten und Wahrheiten zu erschließen. Das Problem dabei ist: Die verschiedenen Zugangsweisen zur Welt haben untereinander viele Verständigungsprobleme. Wenn wir nun versuchen, diese Zugänge in eine allgemeine Theorie zu integrieren, dürfen wir aber nicht ihre inneren Rationalitäten und spezifischen Erkenntnisinteressen preisgeben. Wir müssen also – so paradox es scheint – allgemeine mehrsystemische und multikontextuelle Denkformen und Theorien entwickeln.
 

Das klingt nicht so einfach…

 

MICHAEL WELKER: … das ist es auch nicht, und das hat auch Whitehead gesehen. Obwohl er ein leidenschaftlicher Naturwissenschaftler war, wusste er um den Preis, der mit der Privilegierung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Denkformen in den Auswirkungen auf andere Wissens- und Erfahrungsgebiete bezahlt worden war. Whitehead selbst hat es mal so ausgedrückt: „Die moderne Welt hat Gott verloren und sucht ihn.“ Auch ethische und ästhetische Denkformen leiden unter einer zu starken Dominanz eines mathematisiert-naturwissenschaftlichen Denkens.
 

Und welche Lösung schwebte Whitehead vor?

 

MICHAEL WELKER: Auch Whitehead war klar, dass wir auf Abstraktionen in unserem Denken nicht verzichten können. Aber seine Methode stellt den Versuch dar, die uns beherrschenden und oft extrem weit verbreiteten Leitabstraktionen, wie zum Beispiel das bipolare Denken, zu verändern oder gar zu ersetzen. Im Gefolge von Whitehead oder parallel zu ihm haben auch andere Denker versucht, das sogenannte mehrsystemische Denken zu kultivieren, zum Beispiel der große Soziologe Talcott Parsons, der wiederum den deutschen Soziologen Niklas Luhmann geprägt hat.
 

Und wie haben Sie selbst dieses Denken auf die Theologie übertragen?

 

MICHAEL WELKER: Ich ging mit Whitehead im Hinterkopf meine Vorlesung über „Gesetz und Evangelium“ an und suchte nach Material, um dieses Begriffspaar mit Leben zu füllen und behutsam zu verändern. Zu diesem Zweck vertiefte ich mich in die alttestamentlichen Traditionen und war begeistert von dem, was ich da fand – und zwei- bis dreihundert Studierende der Vorlesung mit mir! Für mich war es der Beginn des Weges in eine inhaltlich-realistische Theologie, vor der meine bis dahin erworbenen religionsphilosophischen Kategorien verblassten.
 

Was genau haben Sie in den alttestamentlichen Texten gefunden?

 

MICHAEL WELKER: Ich habe die große Vielfalt in diesen Texten zum Thema Gerechtigkeit wahrgenommen: die Gesetzestraditionen, die Auffassung, dass es keine Gerechtigkeit ohne systematischen Schutz der Schwachen und keinen institutionalisierten Schutz der Schwachen ohne die enge Verbindung des „Erbarmens“ mit Recht und Gerechtigkeit geben kann. Dazu kam die Sorge des Gesetzes für den Kult, den öffentlichen Gottesdienst, in ihm die Überprüfung der Standards von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit vor Gottes Angesicht. Sehr wichtig war auch die Erkenntnis, dass die alttestamentlichen Überlieferungen auf enorme Herausforderungen durch die Weltmächte reagieren müssen, die damals Israel beherrschten. Der gesamte biblische Kanon entwickelt sich unter Weltmachtdruck: Ägypten, Assur, Babylon, die Perser, die Griechen und schließlich die Römer. Dieser Weltmachtdruck führt dann zu ständigen Transformationen der erreichten religiösen, rechtlichen und moralischen Normativität – mit segensreichen und problematischen Folgen.
 

Und wie kamen Sie auf das Thema Heiliger Geist beziehungsweise Geist Gottes?

 

MICHAEL WELKER: Zunächst noch gar nicht, denn wegen der mir vor Augen stehenden Stofffülle las ich ein weiteres Semester über das Thema „Gesetz und Evangelium“. Aber auch da blieb ich in den alttestamentlichen Traditionen stecken, sodass meine jüdisch-amerikanischen Freunde schon sagten: „Michael, you think quite Jewish“, und mein Berliner Kollege Christof Gestrich meinte: „Sie haben eine tolle Gesetzestheologie, aber Ihre Evangeliumstheologie ist blass“ – und da hatte er völlig recht, denn in meiner Begeisterung für die Tora-Traditionen, das Gesetz und seine großen Entwicklungsdynamiken war der zweite Begriff, das Evangelium, doch sehr unterbelichtet geblieben.
 

Haben Sie damals überlegt, zum Judentum zu konvertieren?
 

MICHAEL WELKER: Bei aller Sympathie – nein, ich wollte das Thema „Gesetz und Evangelium“ neu bearbeiten! Aber das gelang nicht befriedigend, da ich damals selbst bei von mir bewunderten Denkern wie Barth und Bonhoeffer nicht genügend Potenzial sah, um in der Christologie eine ähnliche Komplexität einzuholen, die ich in Bezug auf die Gesetzestraditionen schon vor Augen hatte. Nach längerem Nachdenken entschied ich mich, den Weg zum Thema Evangelium über Forschungen zum Heiligen Geist zu suchen, und hielt zunächst in Tübingen, dann auch in Heidelberg die Vorlesung, die Sie damals gehört haben. In Münster war das Thema meiner Antrittsvorlesung: Der Heilige Geist. Ich war begeistert von der Kontinuität der biblischen Aussagen über Gottes Geist zu den Traditionen der Tora. Zum Beispiel bringt der Messias, auf dem Gottes Geist ruht, Gerechtigkeit, Schutz der Schwachen und Gotteserkenntnis. Ich sah: Die Säulen der Tora – also Recht, Erbarmen und Gotteserkenntnis – spielen auch bei den Traditionen eine entscheidende Rolle, in denen im Alten Testament von Gottes Geist die Rede ist. Und dann hat mich schon sehr bald die Multimodalität des Geistes interessiert, wie ich heute formulieren würde.
 

Wie bitte?

MICHAEL WELKER: Nun, bei der Beschäftigung mit diesen Themen wurde mir deutlich, dass wir immer noch in bipolaren Denkformen gefangen sind, die wir sprengen und erweitern müssen. Da kommt wieder Whitehead mit seiner Kultur- und Entwicklungstheorie ins Spiel! Eine seiner Grunderkenntnisse ist, wie anfangs skizziert, dass wir mit verschiedenen Theoriesprachen und Gedankengebäuden auf die Welt zugehen: mit mathematisch-naturwissenschaftlichen, mit historischen, mit religiösen Gedankengebäuden, aber auch mit dem gesunden Menschenverstand, und wir meinen, in all diesen Sphären auf Wahrheitserkenntnisse zu stoßen – aber: Alle diese Denkformen haben Kommunikationsprobleme miteinander! Und die kann man nicht einfach lösen, indem man eine metaphysische oder transzendental gestützte Theorie anbietet. Sie müssen multisystemisch denken, Sie müssen die verschiedenen Denkformen distinkt halten und dennoch versuchen, über partielle Synthesen Kommunikationsgewinne zu erzielen. Es geht also schlicht gesagt darum, zwischen den Denkwelten Brücken zu bauen.

 

Liegt in diesem Miteinander, ja diesem wechselseitigen Alterieren der Denksysteme, auch Wesentliches für den Glauben?
 

MICHAEL WELKER: Ja, durchaus. Auch Bonhoeffer hat dies am Ende seines Lebens gesehen. Diese Multiperspektivität hat bei mir zu einem starken Zuwachs an Frömmigkeit geführt. Als ich anfing, in Heidelberg Theologie zu studieren, tat ich das mit dem Ziel, Jugendpfarrer zu werden, weil mich die Jugendarbeit in der Pfalz nach meinen Berliner Jahren motiviert hatte. Aber schon nach einem Jahr war ich von der wissenschaftlichen Theologie und Philosophie so gefangen, dass ich mir gut vorstellen konnte, Hochschullehrer zu werden. 1968 wechselte ich im fünften Semester nach Tübingen zu Moltmann, denn ich war begeistert von seiner Theologie der Hoffnung, die damals erst ein paar Jahre auf dem Markt war. Aber schon damals habe ich, der 21-Jährige aus der Provinz, zu Moltmann gesagt: „Ihre Theologie der Hoffnung finde ich großartig, aber Ihre Ethik ist ja nur linkshegelianisch-appellative Moral …“ Ich hatte in Heidelberg die Linkshegelianer und Marx’ Kritik an ihnen studiert.

 

… und er hat Sie dafür nicht rausgeschmissen?
 

MICHAEL WELKER Im Gegenteil, er hat mir eine Stelle als studentische Hilfskraft angeboten und mir in den folgenden Jahren seine Bücher zum Lesen gegeben. Das ist Jürgen Moltmann! Er riet mir auch, statt „die hundertste Arbeit über Tillich“ zu schreiben, für meine Habilitationsschrift über Alfred North Whitehead zu forschen. Das ging ich mit Begeisterung an, und 1981 erschien meine Habilitationsschrift „Universalität Gottes und Relativität der Welt. Theologische Kosmologie im Dialog mit dem amerikanischen Prozeßdenken nach Whitehead“. Seitdem hat mich die Arbeit am multisystemischen Denken und die Analyse pluralistischer Strukturen nicht mehr losgelassen. Und gerade das theologische Nachdenken über den Geist war dabei hilfreich.

 

Wie kann man denn nun aber das bipolare Denken überwinden und auf den Spuren von Whitehead über den Heiligen Geist nachdenken? Steht dann am Ende nicht doch nur ein Geist, der „weht, wo er will“?
 

MICHAEL WELKER: Natürlich nicht. Man muss versuchen, diese multipolaren und sogar multimodalen Konstellationen gedanklich zu beherrschen und erfolgreiche Formen eines nicht-diffusen Pluralismus zu identifizieren. Das ist schwierig, und ja, es besteht natürlich immer die Gefahr, in eine diffuse Pluralität abzugleiten. Aber das kann man vermeiden, wenn man konsequent bei der biblischen Überlieferung ansetzt! Dort hat mich von Anfang an der starke Realismus fasziniert. In den Texten der Tora, in den Gesetzestraditionen des Alten Testaments wird an komplexen Lebensproblemen gearbeitet. Dort werden durchaus anspruchsvolle, in den Tiefenrationalitäten sehr gediegene Lösungsvorschläge angeboten.
 

Können Sie ein konkretes Beispiel dafür nennen?

 

MICHAEL WELKER: Nehmen wir zunächst die sogenannten Geist-Storys aus den alttestamentlichen Büchern Richter und 1 Samuel. In diesen für uns moderne Menschen im Detail obskuren Texten ist wiederholt folgende Struktur zu erkennen: Israel hat getan, was übel war vor Gott. Es gerät in eine aussichtslose Notsituation, Israel resigniert, es will gar nicht mehr kämpfen, und dann lesen wir, dass der Geist Gottes über einen (in der Regel unsympathisch gezeichneten) Charismatiker kommt, und dem gelingt es tatsächlich, Israel aus der Not zu befreien, zum Teil durchaus mit kriegerischen Mitteln, und dann heißt es: „Das Land hatte vierzig Jahre Ruhe.“
 

Was hat das mit dem Heiligen Geist zu tun?

 

MICHAEL WELKER: Das sind zumindest Strukturen, die wir auch im dritten Artikel des Glaubensbekenntnisses haben: Gemeinschaft des Volkes Gottes, Vergebung der Sünden – zwar noch keine Auferstehung im neutestamentlichen Sinne, aber zumindest doch die Aufrichtung des todgeweihten Lebens und dann zwar nicht das ewige Leben, aber vierzig Jahre Ruhe. Das war für mich ein Aha-Erlebnis, und ich bekam ein Gefühl dafür, wie man auch mit Texten, die zunächst abständig wirken und in denen merkwürdige Gestalten wie Simson oder Jephta tragende Rollen spielen, theologisch zu interessanten Erkenntnissen kommt – wenn man die Nerven behält und nicht ins Diffuse flieht und meint: Der Geist Gottes sei ein Numinosum.
 

Was sind das für Erkenntnisse?

 

MICHAEL WELKER: Es ist bemerkenswert, dass sich diese Gestalten nicht durch ethisch hochstehende Qualitäten auszeichnen und dass sie trotzdem von Gott dazu befähigt werden, solche Befreiungstaten zu vollbringen. Interessant ist aber auch, dass der Kanon keinesfalls die Kriegsbegeisterung weitertransportiert. Neben dem „Überkommen-werden durch den Geist“ gibt es eine weitere Tradition, nämlich das Ruhen des Geistes auf dem von Gott erwählten Geistträger – zum Beispiel in den Kapiteln 11, 42 und 61 des aus verschiedenen Traditionen bestehenden Buches des Propheten Jesaja. Da finden sich inhaltlich enge Parallelen zu den Gesetzestraditionen der Tora, nämlich Gerechtigkeit, Schutz der Schwachen und Gotteserkenntnis – nun aber nicht nur für Israel, sondern für alle Völker! Und dann gibt es noch die Tradition der Geistausgießung, wie sie im dritten Kapitel des Propheten Joel berichtet wird, dass der Geist Gottes ausgegossen wird – und zwar auch auf die Frauen, die jungen Menschen und sogar auf die Knechte und Mägde – eine absolut sozialrevolutionäre Botschaft!
 

Damit wäre dann auch der Bogen zum Neuen Testament geschlagen.

 

MICHAEL WELKER:   Ja, denn in der Pfingstgeschichte in Apostelgeschichte Kapitel zwei wird diese Passage der Geistausgießung bei Joel ausgiebig zitiert, und gleichzeitig heißt es, dass sich die Weissagung nun erfüllt habe. Eine Erkenntnis, die auch die frühe Kirche elektrisiert hat: Derjenige, auf dem der Geist Gottes ruht, also Jesus Christus, gießt diesen Geist auf seine Zeuginnen und Zeugen aus, gibt ihnen Anteil an seinem Geist.
 

Was werfen diese Erkenntnisse, die Sie in Ihrer langjährigen Beschäftigung mit dem Heiligen Geist in Verbindung mit multisystemischem Denken gewonnen haben, für heutige Analysen ab?

 

MICHAEL WELKER: In erster Linie, dass der klassische intellektualisierte Geistbegriff, der im Kern auf Aristoteles zurückgeht und den wir tagtäglich verwenden, zu eng ist. Die Reduktion von Geist auf Intellekt, Selbstbewusstsein und die klassische Rationalität hat uns den Reichtum der Pneumatologie, wie sie uns in den biblischen Überlieferungen, aber auch in vielen Kontexten unseres Lebens begegnet, verstellt. Ich empfehle daher, vom multimodalen Geist zu sprechen. Multimodalität ist ein neuzeitlicher Begriff, der eigentlich erst mit Beginn der digitalen Revolution in den vergangenen Jahrzehnten gebraucht wird – besonders in den Sprachwissenschaften, Medienwissenschaften, der Psychologie und den Wirtschaftswissenschaften. Ein ganz einfaches Beispiel für Multimodalität in der Wirtschaft: Die Kunden bekommen mehrere Kontaktmöglichkeiten bereitgestellt, Textnachrichten, Chats, soziale Medien. Aber selbst so einfache Multimodalität nötigt uns, über bipolares Denken hinauszugehen. Und die natürlich deutlich komplexere Multimodalität in den biblischen Überlieferungen ist ein Schatz, wenn wir die Texte und ihre Binnenrationalitäten ernst nehmen.
 

Ist in der christlichen Vorstellung von Trinität die Multimodalität schon angelegt?
 

MICHAEL WELKER: Trinität ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung! Natürlich bleibt das alles ein weites Feld, aber zusammenfassend kann man sagen, dass die Geisterfahrungen in der Bibel deutlich auf eine Richtung zulaufen, die schon Johannes Calvin in seiner Institutio klar erkannt und im 15. Kapitel des zweiten Buches so ausgedrückt hat: „Der Messias ist nicht gesalbt mit Öl, sondern mit dem Heiligen Geist, damit er den Hungrigen und Durstigen Anteil geben kann.“ Insofern ist der Geist Gottes, der Heilige Geist, keine verstiegene Angelegenheit, sondern eine Kraft, die die Menschen befähigt, nach Gerechtigkeit zu streben, und zwar nicht nach irgendeiner abstrakten Gerechtigkeit, sondern nach einer konkreten, die da heißt: Schutz der Schwachen, Nächstenliebe und die Suche nach Freiheit, Wahrheit und Frieden.
 

Die Fragen stellte Reinhard Mawick am 19. März.

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