Und täglich grüßt das Jesuskind

Warum diese dauernde Wiederholung im Kirchenjahr?
Foto: Markus Konvalin in Lizenz der BRmedia Service Gmbh

Und täglich grüßt das Jesuskind. Mein Wecker klingelt, das Radio springt an und spielt – nein, nicht Last Christmas, das wagen die Sender nicht mehr – aber auf jeden Fall Weihnachtsmusik. Wie erwartet leuchten die Kerzen allerorten, am Nachmittag geht es zu den obligatorischen Weihnachtsfeiern in den diversen Einrichtungen von Kindergärten und Schulen bis zu den Sportvereinen. Wie jedes Jahr gibt es Glühwein und Lebkuchen. In den nächsten Tagen folgen die ebenfalls obligatorischen Besuche auf dem Weihnachtsmarkt und bei der Familie.

Und dann ist schon wieder Weihnachten, die Deko wird abgeräumt. Fast zweifele ich, ob das sinnvoll ist. Jedes Jahr mehr gewinne ich den Eindruck: Habe ich nicht gerade erst den ganzen Schmuck verstaut – und muss ihn schon wieder hervorholen?

Manch einer kommt sich in diesen Tagen vor wie in dem alten Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, dessen Titel als geflügeltes Wort in unseren Sprachgebrauch eingezogen ist. Es sind die immer gleichen adventlichen und weihnachtlichen Liturgien, die einige beglücken, anderen auf die Nerven fallen und bei wohl vielen beide Gefühle zugleich hervorrufen. Als Pfarrerin kenne ich jedenfalls beides: Die Freude über diese erwartungsreiche Adventszeit und über die Frohbotschaft, die ich in der rappelvollen Kirche verkünden darf – und die Herausforderung, mit der stets gleichen Erzählung vom Warten auf den Retter, mit Krippe und mit O-du-fröhliche-singenden himmlischen Heerscharen etwas Frisches und Neues predigen zu wollen.

Hätte es nicht für die Rettung der Welt und von uns Menschen eigentlich ein einziges Mal gereicht? Jesus wird geboren, ein für alle Mal. Danach wüssten wir um die Geschichte, würden die Botschaft und die damit verbundenen Arbeitsaufträge für unsere Welt kennen. Warum diese dauernde Wiederholung im Kirchenjahr? Wie eine kaputte Schallplatte, auf der die Nadel immer wieder in dieselbe Rille springt – und wir kommen nicht heraus.

Aber anders draufgeschaut: Kaum eine der Advents- und Weihnachtszeiten gleicht der anderen. Als Kind erlebt man sie – und was gäben schließlich viele von uns darum, das noch einmal so fühlen zu können – in aller Geheimnishaftigkeit und Freude. Als vor einigen Jahren der Terrorist in den Berliner Weihnachtsmarkt fuhr, stand für viele hinter der frohen Botschaft ein dickes Fragezeichen. Die Zeiten, in denen man weiß, dass es das letzte Mal Advent und Weihnachten mit einer geliebten Menschen sein wird, unterscheiden sich von den Jahren, in denen man mit kleinen Kindern auf dem Schoß das erste Mal die Weihnachtsgeschichte mit einem Bilderbuch erzählt.

Immer gleich, aber nie identisch. Nicht wie in einer Schallplatte mit Sprung, sondern eher wie in einer Spirale gehe ich den Weg durch die Kirchenjahre. Jedes Jahr habe ich wieder eine Runde gedreht, aber stehe doch an anderer Stelle, je nach Lebens- und Weltlage. Und meine Hoffnung ist, dass ich damit jedes Jahr anders begreife und tiefer in das eintauche, was diese Botschaft von der Ankunft des Gottessohnes bedeutet. Haben Sie, wie immer und doch anders, gesegnete Weihnachten.

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Stefanie Schardien

Dr. Stefanie Schardien ist Pfarrerin in Fürth seit Mai 2019 eine der Sprecherinnen des "Wort zum Sonntag".


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