Es ist Sommer und die Bienen summen. Das bringt unsere Onlinekolumnistin Angela Rinn dazu, über einige Dinge augenzwinkernd nachzudenken, zum Beispiel über stets „leicht schlechte“ Ökogewissen.
Mein Patenonkel war Ehrenpräsident des Deutschen Imkerbundes. Insofern habe ich schon aus familiären Gründen ein besonderes Verhältnis zu Bienen. Darüber hinaus fühle ich mich als Christin der Bewahrung der Schöpfung zutiefst verpflichtet. Eigentlich finde ich es deshalb auch lobenswert, dass sich jetzt ganz Deutschland für die Rettung der Bienen einsetzt. Schließlich wollen wir ja nicht Verhältnisse wie in China, wo mangels Bienen die Menschen mit Pinseln die Blüten bestäuben müssen. Das ist ziemlich mühsam und auch kostenintensiv.
In China gibt es genügend fleißige menschliche Arbeitsbienen, die den Job übernehmen können. Bei uns sähe das anders aus. Dank des Mindestlohns in Deutschland dürfte die Sache mit der Fremdbestäubung die Preise für Obst und Gemüse in astronomische Höhen treiben. Das wäre ein Rückschlag in Sachen gesunde Ernährung und würde letztlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern – keine schönen Aussichten für die Bundesrepublik.
Allerdings treibt, um metaphorisch im Bild zu bleiben, die Bienenrettung in Deutschland inzwischen merkwürdige Blüten. Ein bisschen schizophren war die gutsituierte deutsche Mittelschicht beim Thema Umweltschutz ja schon immer. Ernährungsbewusste Familien fahren gerne mit ihrem SUV aufs Land, um im Hofladen ganz natürlich einzukaufen. Klimaschutz ist wichtig, aber leider gibt es die besten Ayurveda-Kuren auf Sri Lanka und darauf möchte man selbstverständlich nicht verzichten. Im Zweifel gehen die eigene Gesundheit und Entspannung vor, wenn auch mit leicht schlechtem Öko-Gewissen.
Der Einsatz für Bienen hat nun diese Milieuverengung überwunden. Nun sind auch die prekären Verhältnisse und damit diejenigen im Blick, die sich vorwiegend von Fertignahrung ernähren. Auch sie können sich für die gelben Brummer einsetzen! Eine Lebensmittelkette klärt auf: „Bienen machen mehr als nur Honig. Auch deine Tiefkühlpizza gäbe es ohne die Biene nicht, da einige Zutaten, wie Tomaten oder Gewürze, von Bienen bestäubt werden.“
Meinem Patenonkel wäre es sicher nie eingefallen, seine Bienen mit Tiefkühlpizza in Verbindung zu bringen. Da muss man erst mal drauf kommen, chapeau! Wahrscheinlich denken die Leute jetzt bei jedem Biss in ihre Frostfladen, sie setzen sich damit für die Artenvielfalt in Deutschland ein. Besonders gut gefällt mir aber die Idee eines Discounters, sich mit einem Plüschtier als Symbolfigur für die Rettung der Insekten einzusetzen. Denn raten Sie mal, wo diese Plüschfiguren produziert werden. Richtig! In China! Ich bin mir ganz sicher, dass die Chinesen bei der Produktion alle Umweltschutzrichtlinien sorgfältig eingehalten haben! Nur einen Haken gibt es: Das Teil ähnelt einer genmutierten Biene Maja. Aber das liegt sicher daran, dass die Chinesen nicht mehr wissen, wie Bienen aussehen.
Angela Rinn
Angela Rinn ist Pfarrerin und seit 2019 Professorin für Seelsorge am Theologischen Seminar der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in Herborn. Sie gehört der Synode der EKD an.
Angela Rinn
Angela Rinn ist Pfarrerin und seit 2019 Professorin für Seelsorge am Theologischen Seminar der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in Herborn. Sie gehört der Synode der EKD an.